Ein ganz schwacher Abgang

Hals über Kopf warf der Präsident der Region Grand Est, Jean Rottner, kurz vor Weihnachten das Handtuch. Allerdings war Mitgefühl bei diesem Rücktritt wohl nicht angebracht.

Bye, bye, Jean Rottner, einen solchen Politiker wird kein Mensch vermissen. Foto: Michael Stewart / Wikimedia Commons / PD

(KL) – Immer wieder beklagen sich Politiker über mangelnden Rückhalt in der Bevölkerung, veranstalten Symposien um zu ergründen, wieso die Menschen das Vertrauen in die Politik und vor allem die Politiker verloren haben, doch muss man nicht lange forschen um zu erkennen, woher dieser Vertrauensverlust kommt. Natürlich von Verhalten vieler Politiker selbst. Wie beim Korruptionsskandal von Eva Kaili im Europäischen Parlament oder eben auch beim Rücktritt von Jean Rottner, dem Präsidenten der ostfranzösischen Region Grand Est.

Mit einer Amtsübergabe hatte dieser Rücktritt nicht viel zu tun. Am 20. Dezember verkündete Jean Rottner, dass er alle seine Mandate zum 1. Januar niederlegen würde. Aufgrund „zwingender familiärer Gründe“. Hals über Kopf. Zieht man noch die Feiertag ab, blieben eine Handvoll Tage, die Fortführung der Geschäfte zu organisieren. Natürlich dachten viele Beobachter an andere Beispiele solch überstürzter Rücktritte. Wie damals Franz Müntefering, der auf dem Höhepunkt seiner politischen Karriere aus der Politik ausstieg, als seine Frau an Krebs erkrankte. Und die knappe Formulierung Rottners deutete auch auf eine entsprechend schwierige private Lebenslage hin.

Etliche Kommentatoren verbaten sich denn auch die hämischen und etwas am Thema vorbei gehenden Jubelarien der Elsässer Autonomisten, die im Rücktritt Rottners ein Zeichen sahen, dass nun wieder über das Aussteigen des Elsass aus der Region Grand Est abgestimmt werden könne und riefen zu Mäßigung auf, da ja vermutlich eine private Katastrophe der Grund für den Rücktritt sei.

Doch während das Elsass noch rätselte, was der wirkliche Grund für Rottners Ausscheiden aus der Politik sei, veröffentlichte am 30. Dezember die Immobilien-und Beratungs-Gruppe „Réalités“ eine Mitteilung, nach der Jean Rottner ab sofort die Regionaldirektion der Gruppe in Ostfrankreich übernimmt. Sprich – Jean Rottner nutzt übergangslos seine im politischen Mandat erworbenen Netzwerke, um sich diese versilbern zu lassen. „Nach seiner politischen Karriere steigt Jean Rottner nun ins unternehmerische Abenteuer ein“, verkündete die Gruppe stolz. Solche Verflechtungen von Wirtschaft und Politik haben immer einen seltsamen Geruch…

Wir brauchen keine Kongresse mehr, um die Menschen zu mehr Vertrauen in die Politik zu bewegen. Wir brauchen an vielen Stellen einfach neue Politiker.

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