Ein Gesetz für zart besaitete Polizisten…

Das neue „Gesetz für globale Sicherheit“, das Präsident Macron in Frankreich durchgeboxt hat, dient vor allem der Sicherheit prügelnder Polizeikräfte…

Solche Bilder könnten künftig 5 Jahre Gefängnis bringen... Foto: Eurojournalist(e) / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Frankreich sieht sich selbst als Hort der Menschenrechte und in der Tat, es waren die Franzosen, die 1789 mit der Französischen Revolution ein neues Zeitalter einläuteten. Adel und Klerus mussten fortan die Macht zumindest teilweise mit dem Volk teilen, was damals eine ganz neue Erfahrung war. Seitdem gilt Frankreich als das Land, das der Welt eine gewisse Erleuchtung gebracht hat. Mit dem neuen „Gesetz für globale Sicherheit“ führt Präsident Macron sein Land allerdings zurück auf einen Status von vor 1789. Was dann wohl irgendwann zu einer „Französischen Revolution 2.0“ führen wird.

Andere zu kritisieren, darin ist die französische Regierung geübt und richtig gut. Wenn die Polizei bei Demonstrationen in Moskau Hartgummigeschosse einsetzt und Tausende Menschen verhaftet, steht Frankreich in der ersten Reihe, um diese unwürdigen Machenschaften zu verurteilen, zumal diese mitunter tödlichen Hartgummigeschosse ja auch international geächtet sind. Dass rund um die Demonstrationen in Paris massenhaft Hartgummigeschosse verwendet und Tausende Menschen verhaftet werden, interessiert auf Regierungsebene niemanden.

Nur, anders als in Moskau, laufen auf den Demonstrationen in Frankreich immer wieder auch diese unangenehmen Zeitgenossen herum, Journalisten, Kamerateams, Blogger und anderes Gesocks, das gewalttätige Übergriffe durch die Polizei filmt, dokumentiert und veröffentlicht. Doch das steht ab sofort und dank Präsident Emmanuel Macron nun unter Strafe.

Trotz der Ermahnungen durch die Europäische Union und die UNO hat die französische Regierung dieses neue Gesetz durchgeboxt, das nicht nur die Pressefreiheit einschränkt, sondern Journalisten, Bloggern und mit dem Smartphone filmenden Bürgerinnen und Bürgern 5 Jahre Gefängnis und eine Strafe von 75.000 Euro einbringen kann.

So unglaublich es klingt, das Gesetz verbietet die Dokumentation von Übergriffen durch die Polizei, wenn diese Dokumentation ermöglicht, einzelne Polizeibeamte zu identifizieren, wenn diesen prügelnden oder schießenden Polizisten dadurch „körperlicher oder psychischer Schaden“ zugefügt wird. Mit diesem neuen Gesetz etwa hätte der Polizist, der in den USA George Floyd so lange die Luft abdrückte, bis dieser starb, die Veröffentlichung der Beweisbilder verhindern können und die Tatortzeugen, die der Welt die schrecklichen Bilder dieser Ermordung zeigten, wären anstelle des mörderischen Polizisten angeklagt worden. Dies bedeutet nicht nur das Ende der Pressefreiheit in dem Land, das als Hort der „Universellen Menschenrechte“ gilt, sondern auch einen Blankoscheck für gewalttätige Polizisten, die ihren Gewaltphantasien künftig freien Lauf lassen können, denn strafbar macht sich derjenige, der staatliche Gewalttaten dokumentiert. Wenn es künftig reicht, dass ein zart besaiteter und prügelnder Polizist angibt, dass ihn Bildmaterial seiner Gewalttaten „psychologisch belastet“, dann ist der Unterdrückung der Pressefreiheit Tür und Tor geöffnet.

Man könnte sich nun fragen, warum die französische Regierung ihrem eigenen Volk den Krieg erklärt. Handelt die Regierung im Zustand der geistigen Umnachtung? Nein, das Ganze hat Kalkül. Emmanuel Macron baut schon einmal für das Jahr 2022 vor, wenn in Frankreich Wahlen sind und voraussichtlich die seit 2018 andauernden Sozialkonflikte wieder ausbrechen, die nach der „Pandemie-Pause“ noch wesentlich grösser und aggressiver ausfallen dürften, da sich in der Pandemie das Heer der Mittellosen, der Perspektivlosen und der Hoffnungslosen enorm vergrößert hat und weiter wächst. Da macht es durchaus Sinn, denjenigen einen Blankoscheck auszustellen, die eines Tages die Pariser Paläste der Macht vor wütenden Menschenmassen schützen sollen. Bereits 2019, bei einer der ersten „Gelbwesten“-Demonstrationen, hatten die Demonstranten bereits die Tür des Innenministeriums eingetreten und konnten erst im letzten Moment daran gehindert werden, das Ministerium zu stürmen. Und das war vor der Covid-Krise…

Emmanuel Macron und seine Regierung rüsten auf – und zwar gegen die eigene Bevölkerung. Der Anschlag auf die Pressefreiheit ist in diesem Zusammenhang zu betrachten und es steht zu befürchten, dass diese Entwicklung kein gutes Ende nehmen wird. Wenn man sich an das Schicksal von Ludwig XVI. und Marie-Antoinette erinnert, dann weiß man, dass wenn in Frankreich das Fass überläuft, am Ende nicht unbedingt diejenigen die Gewinner sind, die versucht haben, Volkes Stimme zu unterdrücken…

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