Ein großer Europäer

De Gaulle und seine Rolle bei der Aussöhnung von Frankreich mit Deutschland

Ein europäischer Visionär - Charles de Gaulle. Foto: Fabien Sirjean - elfabixx (heir of the author) / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(Karl-Friedrich Bopp) – Der 9. November ist auf beiden des Rheins zu einem Datum geworden, an dem man großer Ereignisse gedenkt. Auf der deutschen Seite erinnert man sich gerne an den 9. November 1989, als der Versprecher des DDR Politbüro-Mitgliedes Schabowski die Mauer fallen ließ. Ein Schattenfleck ist der von 1938, als Tausende von Synagogen im Nazi-Deutschland auf Geheiß von Propagandaminister Goebbels in Flammen aufgingen. In Frankreich denkt man insbesondere an 1970. Denn vor 50 Jahren ging der große General de Gaulle von uns.

Eigentlich hat de Gaulle Deutschland im letzten Jahrhundert mit all seinen Aufs und Abs miterlebt. Im 1. Weltkrieg war er als Offizier in Verdun dabei. Er wurde 1916 verwundet und kommt in deutsche Kriegsgefangenschaft. Für den jungen Offizier eine Demütigung. Er hat sie allerdings genutzt, um Deutsch zu lernen. Mehr darüber später.

Jedes Kind in Frankreich kennt den Aufruf de Gaulles vom 18. Juni 1940 während des 2. Weltkrieges. Er empfindet es demütigend und erniedrigend, dass die oberste französische Heeresleitung so schnell das Kämpfen gegen Nazi-Deutschland aufgibt. Im Exil ruft er von London aus seine Landsleute auf, weiter zu kämpfen und die Niederlage nicht anzuerkennen. Auch, wenn er damals weder Heer noch Waffen hatte, hatte er dennoch den Ton getroffen, um seinen Landsleuten in der Zeit größter Schmach Mut und Würde zu geben.

Nichts hatte also bis zu diesem Zeitpunkt darauf hin gewiesen, dass de Gaulle die Figur schlechthin werden sollte, die für die deutsch-französische Aussöhnung und schließlich für die deutsch-französische Freundschaft steht.

Seit 1958 Präsident Frankreichs, kam er 1962 auf Einladung des deutschen Bundeskanzlers Adenauer zu einem sechstägigen Besuch nach West-Deutschland. Neben dem politischen Pflichtprogramm in der damaligen Hauptstadt Bonn wollte de Gaulle vor allen Dingen zu den deutschen Bürgern und Bürgerinnen sprechen.

Und jetzt kamen ihm seine Deutschkenntnisse voll zu Nutze. Ob vor den Arbeitern bei Krupp, vor den Truppen der gerade aufgestellten Bundeswehr, aber vor allem vor der Jugend in Ludwigsburg hielt er Reden auf Deutsch und wurde dafür emphatisch umjubelt. Unvergessen bleibt, wie er die jugendlichen Deutschen als „Kinder eines großen Volkes“ bezeichnete und das gerade mal 17 Jahre nach den Gräueln des 2. Weltkriegs.

Die Reise wurde ein einziger Triumphzug. De Gaulle trat nicht als Sieger auf, sondern als ein Nachbar, der den Deutschen wieder Selbstvertrauen und Würde gab und zusätzlich eine Zusammenarbeit anbot. Es war dieser Besuch, der die Grundlage für den sogenannten Elysée-Vertrag von Januar 1963 schuf, der die deutsch-französische Aussöhnung besiegelte und die deutsch-französische Freundschaft einleitete.

Wenn also heute der Rhein für die Brücken steht, die über die Jahrzehnte zwischen Deutschland und Frankreich gebaut wurden, wenn der Rhein heute für grenzüberschreitende Zusammenarbeit steht, wenn wir heute Diskussionen führen können, wie wir beide Seiten des Rheins zu einem gemeinsamen elsässisch-badischen Lebensraum ausbauen können, dann ist das auch und gerade der Verdienst von General de Gaulle.

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