Ein großer Tag für Kehl

Gestern wurde in Anwesenheit von viel Prominenz die „Universalschlichtungsstelle des Bundes“ in Kehl eingeweiht.

Bei der gestrigen Podiumsdiskussion - Felix Braun, Moderator Kai Littmann, Rita Hagl-Kehl und Minister Peter Hauk. Foto: ZfS / Svenja Roth

(Red) – Das Konzept der Verbraucherschlichtung geht unaufhaltsam seinen Weg und das bundesweite Zentrum für dieses niederschwellige Angebot zur außergerichtlichen Streitbeilegung befindet sich – in Kehl am Rhein. Die vor dreieinhalb Jahren gegründete „Allgemeine Verbraucherschlichtungsstelle“ wurde nun vom Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz zur „Universalschlichtungsstelle des Bundes“ aufgewertet – eine großartige Anerkennung der von Felix Braun und seinem Team geleisteten Arbeit.

Was aber ist die Verbraucherschlichtung? Diese Art der Streitbeilegung funktioniert denkbar einfach. Nehmen wir ein Beispiel: Sie haben im Internet eine Jeans für 70 Euro bestellt und diese weist einen Fehler auf. Der Kundendienst des Händlers reagiert nicht so, wie Sie das gerne hätten und nun haben Sie drei Möglichkeiten. A) Sie ärgern sich und vergessen die ganze Angelegenheit, denn für 70 Euro einen Anwalt zu engagieren, das ist Ihnen einfach zu viel Aufwand. B) Sie nehmen sich einen Anwalt und ärgern sich schon mal prophylaktisch, denn sollten Sie mit Ihrer Klage Erfolg haben, dann bleibt am Ende viel Gerenne, Kosten und ein im besten Fall geringes Erfolgserlebnis. Oder C), Sie füllen online einen Schlichtungsantrag bei der Universalschlichtungsstelle des Bundes aus, was nur ein paar Minuten dauert und für Sie als Verbraucher kostenlos ist und warten auf den (ziemlich schnell eintreffenden) Schlichtungsvorschlag der in Kehl arbeitenden Juristen.

Diese prüfen den Rechtshintergrund, wobei die Universalschlichtungsstelle des Bundes eine neutrale Einrichtung ist, die weder die eine, noch die andere Seite bevorzugt, sondern beiden Seiten einen juristisch fundierten Schlichtungsvorschlag unterbreitet. Da die Schlichtung ein Konzept ist, das auf Freiwilligkeit beruht, können die beiden Parteien diesen Vorschlag annehmen und ihre Streitigkeit damit beenden, oder aber eine oder beide Parteien lehnen den Vorschlag ab und beschreiten doch noch den Rechtsweg.

Warum aber der Name „Universalschlichtungsstelle des Bundes“? Den Hintergrund dieses Namens erklärt Felix Braun, der Direktor dieser Einrichtung des Bundes: „Es gibt zahlreiche branchenspezifische Schlichtungsstellen, die aufgrund ihrer spezifischen Fachkenntnisse immer den Vorrang haben. In denjenigen Bereichen, in denen es keine spezielle Schlichtungsstelle gibt, werden wir dann aktiv. Insofern ist unsere erste Funktion diejenige eines ‘Lotsen’, der den Fall entweder an die zuständige branchenspezifische Schlichtungsstelle weiterleitet, oder aber den Fall selbst übernimmt.“

Wie die Parlamentarische Staatssekretärin Rita Hagl-Kehl erläuterte, dürfte dieser Schlichtungsstelle jede Menge Arbeit ins Haus flattern, was an dem ebenfalls neuen Konzept der „Musterfeststellungsklage“ liegt, der deutschen Version der Sammelklage, wie sie beispielsweise das amerikanische Rechtssystem kennt. Prominentes Beispiel hierfür war die Musterfeststellungsklage gegen Volkswagen aufgrund des Dieselskandals, bei dem rund 470.000 Kläger in einem Musterverfahren grundsätzlich Recht bekamen, wobei allerdings die Höhe der jeweiligen Entschädigungen einzeln festgelegt werden muss – beispielsweise durch eine Schlichtung. So sah es dann bei der Podiumsdiskussion gestern auch Jutta Gurkmann vom Verbraucherzentrale Bundesverband, die das Konzept der Schlichtung als wertvolles Instrument der „Disziplinierung“ von Unternehmen betrachtet, deren Geschäftsgebaren nicht einwandfrei ist.

Doch auch die Unternehmer sind bei der Verbraucherschlichtung mit im Boot. So erklärten Dr. Christian Groß vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag und Jochen Clausnitzer vom Bundesverband Direktvertrieb Deutschland einhellig, dass die Verbraucherschlichtung ein unverzichtbares Element in der Beziehung zwischen Unternehmen und Kunden darstellt. Besser noch: Der Bundesverband Direktvertrieb übernimmt für seine Mitglieder die (geringen) Kosten eines Schlichtungsverfahrens und sorgt somit für eine breite Unterstützung dieses Konzepts auf Unternehmerseite – ebenso wie das Gütesiegel für Internet-Shops „Trusted Shops“, das ebenso agiert.

Nun verfügt die Stadt Kehl also über die erste Einrichtung des Bundes – und das verdankt die Stadt Kehl der herausragenden Pionierarbeit des Teams von Felix Braun, aber auch der Unterstützung von Politikern wie Minister Peter Hauk, der sich bereits 2009 für diese Stelle eingesetzt hatte. Dementsprechend begeistert zeigte sich bei der Eröffnung der Veranstaltung auch der Kehler OB Toni Vetrano, der dieser neuen Einrichtung alle guten Wünsche mit auf den Weg gab.

Der „Universalschlichtungsstelle des Bundes“ kann man nur viel Erfolg und weiterhin eine so professionelle Arbeit wünschen – wie schön, dass es solche Pioniere und Visionäre am Oberrhein gibt!

Die neue Website der Universalschlichtungsstelle des Bundes und alle weiteren Informationen finden Sie, wenn Sie HIER KLICKEN!

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste