Ein heißer Herbst erwartet Emmanuel Macron

Es ist Sommer und in Frankreich ist es so wie jedes Jahr – in den Monaten Juli und August geht überhaupt nichts. Doch Präsident Macron bereitet sich auf die „Rentrée“ vor – und das muss er auch.

Emmanuel Macron (2. von links, unten) wird sein Land nicht nur mit solchen Bildern regieren können... Foto: Palacio do Planalto / Wikimedia Commons / CC-BY 2.0

(KL) – Was für ein Glück für den französischen Präsidenten Emmanuel Macron, dass es in Frankreich alle Naselang ein historisches Ereignis würdevoll zu begehen gibt. Das ist es, was der Präsident am besten kann. Würdevoll militärische Formationen abschreiten, würdevolle Reden halten, die Momente seiner göttlichen Inspiration mit seinen Landsleuten teilen. Das macht er auch schon den ganzen Sommer, bevor es diese Woche politisch weitergeht, mit Treffen mit Russlands Präsidenten Putin, dem britischen Rohrkrepierer Boris Johnson und dann dem Hochsicherheits-G7-Gipfel in Biarritz. Nur mit dem Management seines Landes haut es nicht so richtig hin.

So ist denn auch sein Aufruf an die Franzosen zu verstehen, diese mögen sich doch bitte „wieder vertragen“ – dabei ist er es, der den sozialen Konflikt im Land zu einer sozialen Krise verwandelt hat. Zwischen seinen Ansprachen und dem, was in Frankreich passiert, klafft ein riesiger Graben. Seit Macron an der Macht ist, regiert er das Land wie ein Sonnenkönig und benimmt sich auch so. Gesetze, mit denen das Demonstrationsrecht eingeschränkt wurde, Abschaffung der Reichensteuer ISF, die Unfähigkeit, angemessen auf die Krise der „Gelbwesten“ zu reagieren, eine „Große Nationale Debatte“, an der sich 1,5 Millionen Franzosen beteiligt hatten und zu denen es im Nachgang nicht einmal eine Auswertung, geschweige denn konkrete Maßnahmen gab – der Mann regiert an seinem Volk vorbei.

Immerhin, nach wie vor gibt es einige wenige, die sich freuen, einen „jungen und schönen Präsidenten“ zu haben, doch sein „Jung-und-schön-Bonus“ ist bei der großen Mehrheit der Franzosen längst aufgebraucht. Und im Herbst wird es nicht besser werden. Zwar sind die Gelbwesten inzwischen mächtig zusammengeschrumpft, doch muss man damit rechnen, dass sich der Ärger wieder auf der Straße Luft machen wird, denn auch die angekündigte Rentenreform wird die sozialen Spannungen im Land erneut anheizen.

Dass Emmanuel Macron auf der internationalen Politikbühne inzwischen kaum noch ernst genommen wird, das mag seiner diplomatischen Unerfahrenheit zugeschrieben werden, doch zeigen seine „diplomatischen Gehversuche“ in Krisengebieten wie dem Iran, dass er entweder keine Berater hat oder dass er nicht auf diese hört.

Doch was erwartet Frankreich nun im Herbst? Man darf sich auf neue Einschnitte in die Sozialsysteme einrichten, nachdem er bereits die Sommerpause genutzt hat, um schnell den Kommunen 300 Millionen Euro zu streichen, was zu einem Kahlschlag in der Finanzierung von Vereinen und Verbänden führen wird. Da das „System Macron“ auf den einfachen, neoliberalen Nenner „Einsparungen in den Sozialsystemen und Erleichterungen für Unternehmen“ zu bringen ist, womit Macron der Hoffnung Ausdruck gibt, dass eine Konjunktursteigerung zu neuen Arbeitsplätzen führt, sind die nächsten Spannungen vorprogrammiert. Bereits in seiner Zeit als Wirtschaftsminister war sein 50 Milliarden (!) schweres Konjunkturprogramm ein reiner Flopp. Dieses Geld wurde an die größten Unternehmen Frankreich ausgeschüttet, in der vagen Hoffnung, diese würden im Gegenzug Arbeitsplätze schaffen. Taten sie allerdings nicht, sondern schütteten lediglich mehr Dividenden an ihre Aktionäre aus. Doch diese neoliberale Politik ist es, die in Frankreich soziale Unruhen ausgelöst hat.

Dazu erwartet Macron eine spannende Diskussion um die Frage der Migration, die im September in der Nationalversammlung stattfinden wird. Getrieben von den Rechtsextremen hat Frankreich bislang zwar Flüchtlinge aufgenommen und vor allem Italien heftig für die Schließung der Häfen kritisiert, doch berichtete Kapitänin Rackete auch, dass dies genauso für die französischen Häfen galt. Auch in diesem Thema wird Macron die Quadratur des Kreises versuchen, nämlich die Reduzierung der Anzahl aufgenommener Flüchtlinge bei gleichzeitiger Beibehaltung eines „humanistischen Images“.

Nach mehr als zwei Jahren der „Macronie“ wird der Präsident irgendwann anfangen müssen zu liefern. Salbungsvolle Reden und großartige Ankündigungen haben die Franzosen nun genug von ihm gehört – jetzt wird er anfangen müssen, konkrete Politik für die Menschen zu machen. Und das dürfte ganz schön schwierig werden, in einem Land, das mehrheitlich sein Vertrauen in diesen Präsidenten verloren hat.

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