Ein Kongress aus einer anderen Zeit?

Letztes Wochenende wurde in Basel der 125. Jahrestag des ersten Zionistenkongresses gefeiert.

Basel, vor 125 Jahren - der erste Zionistenkongress legt den Grundstein für die Gründung des Staats Israel. Foto: Matanya / National Photo Collection of Israel / Wikimedia Commons / PD

(Karl-Friedrich Bopp) – Letztes Wochenende begingen in Basel mehr als 1.200 Menschen jüdischen Glaubens den 125. Jahrestag des ersten Zionistenkongresses. Basel gilt seit dieser Zeit als Geburtsstätte Israels und der damalige Kongress als „der größte Beitrag der Schweiz zur jüdischen Geschichte“. Höhepunkt der Veranstaltung war die Teilnahme des israelischen Staatspräsidenten Isaac Herzog.

Am 29. August 1897 war es endlich soweit. Der erste Zionistenkongress öffnete für drei Tage seine Türen in Basel. Der österreichische Journalist Theodor Herzl hatte es geschafft. Widerstände selbst aus den eigenen Reihen überwindend, versammelte er 196 Delegierte jüdischen Glaubens aus 16 Nationen im Stadtcasino mit dem Ziel „für das jüdische Volk die Schaffung einer öffentlich-rechtlich gesicherten Heimstätte in Palästina zu erstreben.“.

Aber was ist eigentlich ein „Zionist“? Im späten 19. Jahrhundert war er schlicht Teil einer jüdischen demokratischen Nationalbewegung. Ihr Ziel war es, eine Heimstätte für Juden zu schaffen. In dieser Zeit mehrten sich in Europa wieder einmal Aussagen, dass Juden nie Teil der Gesellschaften werden könnten, weil sie eine „minderwertige Rasse“ seien. So gelangten Leute wie Theodor Herzl zu der Überzeugung, dass sie einen eigenen „Judenstaat“ aufbauen müssten.

Von Basel nach Wien zurückgekehrt, schrieb Theodor Herzl in sein Tagebuch überzeugt: „In Basel habe ich den Judenstaat gegründet. Wenn ich das heute sagte, würde mir ein universelles Gelächter antworten. Vielleicht in fünf Jahren, jedenfalls in fünfzig, wird es jeder einsehen.“

Und in der Tat. Im Jahre 1947, 50 Jahre später und unter dem Eindruck der von den Nazis systematisch organisierten Shoah, beschlossen die Vereinten Nationen die Errichtung eines Judenstaates, der am 14. Mai 1948 durch David Ben Gurion proklamiert wurde. Platz machen mussten die Palästinenser, was wiederum Auslöser für mehrere Kriege war und für heute noch andauernde Konflikte ist.

Die Stadt Basel begleitete den festlichen Anlass mit gewisser Besorgnis. Um auf die gegenwärtige Politik des Staates Israel gegenüber den Palästinensern aufmerksam zu machen, kündigten Linksextreme und antiisraelische Gruppieren eine Gegendemonstration an, bei der schließlich zwischen 200 und 300 Personen teilnahmen. Es galten verschärfte Sicherheitsvorkehrungen. Rund um die Synagoge wurde ein Fahrverbot eingerichtet, Teile der Innenstadt wurden für den Individualverkehr gesperrt, der Luftraum Basels wurde sogar eingeschränkt. Insgesamt wurden für die Sicherheitsvorkehrungen rund 5,8 Millionen Euro ausgegeben.

Mit der Errichtung des Staates Israel 1948 wurde ja eigentlich die Hauptforderung der Zionisten erfüllt. Da stellt sich doch die Frage, ob im Jahre 2022 die Veranstaltung eines Zionistenkongresses es wert ist, soviel Geld für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auszugeben.

Indirekt wurde genau diese Frage der Basler Regierung in einem offenen Brief von über 70 Organisationen und Einzelpersonen gestellt. Der Brief beteuert, dass es eigentlich keinen Grund zum Feiern gebe. Natürlich sei den Unterzeichnern bekannt, dass der damalige Zionismus eine Reaktion auf die Verfolgung von Jüdinnen und Juden in Europa war. Aber habe er nicht schließlich neue Ungerechtigkeiten geschaffen, die bis heute anhalten? Die Unterzeichner beteuern, dass sich ihr Kampf richte gegen alle Formen von Diskriminierung, für Freiheit, Gerechtigkeit und Gleichheit für alle.

Man darf gespannt sein, ob vor diesem Hintergrund das 150. Jubiläum des ersten Zionistenkongresses im Jahre 2047 wieder in Basel ausgerichtet wird.

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