Ein Lichtblick in finsteren Zeiten…

Die Eröffnung der neuen Tramverbindung zwischen Strasbourg und Kehl hätte zu keinem besseren Zeitpunkt stattfinden können...

Wenige Minuten vor dem Start zur Jungfernfahrt der Tramlinie D zwischen Straßburg und Kehl. Foto: Eurojournalist.eu

(KL) – Als ob sie es geahnt hätten, die Macher des Projekts der Erweiterung der Tramlinie D der Strasbourger CTS nach Kehl. Mit den 2,7 km neuer Schienen und den Brücken „Citadelle“ und „Beatus Rhenanus“ haben die Städte Strasbourg und Kehl ein umwerfendes Zeichen in Richtung all derjenigen gesetzt, die heute wieder von Grenzen, Mauern und Stacheldraht schwadronieren. Eine Woche vor der entscheidenden Stichwahl für das französische Präsidentenamt, bei der die Franzosen entscheiden müssen, ob sie eine Präsidentin haben möchten, die am liebsten die Völker Europas auseinander dividieren möchte, ist dieser europäische Brückenschlag die beste Antwort, die man sich vorstellen kann.

Man könnte sich jetzt darüber auslassen, wer bei der feierlichen Einweihung der Tram am Freitag alles fehlte – doch dass die französische Regierung keinen Vertreter schickte, wen kümmert das morgen noch? Dafür machte Staatsminister Peter Altmeier eine gute Figur und drückte sich gekonnt in der Sprache Molières aus – Hut ab! Doch standen am Wochenende ohnehin nicht die Offiziellen im Mittelpunkt, sondern die Menschen am Oberrhein. Denn die neue Tramverbindung wird die Badener und die Elsässer ein gutes Stück näher zusammenrücken lassen, ob das nun einer Marine Le Pen gefällt oder nicht.

Diese Tram ist weitaus mehr als ein einfaches Verkehrsmittel. Das ist sie zwar auch, aber sie ist ebenfalls ein Aufruf an alle, die heute meinen, Europa niedertrampeln zu müssen. Das beruhigende Rattern der Räder auf den neuen Schienen ist ein besserer Klang als das Knallen von Stiefeln – das offenbar ein Drittel der Franzosen bereits erfolgreich verdrängt hat, wenn es heute nach einer neuen „Führerin“ schreit.

Alle sind sich einig – ein neues, positives, soziales, solidarisches und humanistisches Europa ist nur dann möglich, wenn Deutsche und Franzosen Hand in Hand arbeiten. Und dass sie das können, das haben sie mit dem Bau dieser neuen Tramanbindung bewiesen. Was auf lokaler Ebene möglich ist, dass sollte nun ein Aufruf an Paris und Berlin sein, sich endlich zusammenzunehmen und ähnlich positiv und dynamisch auch auf nationaler und europäischer Ebene zu arbeiten – unser aller Zukunft hängt davon ab, ob wir endlich in der Lage sind, diesen unerträglichen Neonationalismus in seine Schranken zu weisen.

Die schönste Antwort auf diesen Neonationalismus ist es, Grenzen zu überwinden und Brücken zu bauen – beides ist mit dieser neuen Tramanbindung gelungen. Nun ist es an uns, Elsässern und Badenern, den politisch Verantwortlichen weiter Druck zu machen, damit diese endlich anfangen, an einem neuen Europa zu bauen. Und alle, die am Wochenende beim Tramfest dabei waren, haben es deutlich gespürt – hier wächst wirklich etwas zusammen, was richtungsweisend ist. Für das Elsass und Baden, für Frankreich und Deutschland und für ganz Europa. Wir haben wirklich schon blödere Wochenenden erlebt…

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