Ein Meilenstein der Partizipativen Demokratie

Die Stadt Straßburg erfindet tatsächlich die lokale Demokratie neu. Wenn es die Lokalpolitik schafft, auf Linie zu bleiben, bricht ein neues Zeitalter der Demokratie an.

Die Diskussion zwischen Lokalpolitik und Bürgern ist tatsächlich eröffnet - neue Wege in der lokalen Demokratie. Foto: Kasmi Taoufik / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Mehr als 600 Teilnehmer fanden sich am Samstag zum „Sommet Citoyen“  oder „Bürgergipfel“ im Sitzungssaal des Europarats ein, um gemeinsam den neuen „Pakt der lokalen Demokratie“ auf den Weg zu bringen. Nachdem dieser mehrere Monate lang in verschiedenen Workshops von Bürgerinnen und Bürgern und Lokalpolitikern und Lokalpolitikerinnen vorbereitet worden war, steht dieser Pakt im Grunde jetzt. 30 Projekte wurden auf den Weg gebracht und nach einer kurzen Phase der Machbarkeitsstudien wird der Stadtrat der Stadt im März über diesen neuen Pakt abstimmen. Wird er angenommen, bricht ein neues Zeitalter der lokalen Demokratie an – wird er abgelehnt, wird es für die Protagonisten der Straßburger Lokalpolitik eng, denn sie würden ihre Glaubwürdigkeit aufs Spiel setzen.

Über 30, zuvor in Workshops mit Lokalpolitikern und –politikerinnen und Bürgerinnen und Bürgern entworfene Projekte wurde debattiert und abgestimmt – eine beeindruckende Erfahrung im Sitzungssaal des Europarats, einem der geschichtsträchtigsten Orte der Europäischen Institutionen. Als nächstes werden diese Projekte in der Reihenfolge ihrer Priorität auf ihre Machbarkeit untersucht und dann Bestandteil des „Pakts der Lokalen Demokratie“ – mit der Verpflichtung für die gewählten Stadträte, diese Projekte auch tatsächlich umzusetzen. Ein Evaluierungs-Komitee, ebenfalls bestehend aus gewählten Volksvertretern und Bürgerinnen und Bürgern überwacht den Prozess und bewertet öffentlich die Arbeit, die in der Umsetzung dieser Projekte geleistet wird.

Das Projekt, das ganz oben auf der Liste steht, hat es bereits in sich – die Straßburger wünschen sich einen partizipativen Haushalt, sprich, ein Mitspracherecht für die Verwendung öffentlicher Gelder. Mit 627 Stimmen lag dieses Anliegen an erster Stelle, gefolgt von zahlreichen Ideen, Projekten und Vorschlägen, bei denen es um Themen wie Umweltschutz oder Gesundheit ging, vor allem aber darum, wie das Verhältnis zwischen Lokalpolitik und Bürgerschaft transparenter und intensiver gestaltet werden kann.

Auch der Vorschlag der Einführung einer „Bürger-Petition“ ist interessant und könnte das Leben der lokalen Demokratie in andere Bahnen lenken. Auch das Leben der Vereine soll vereinfacht werden, sei es über die Einrichtung realer und virtueller Plattformen der Begegnung und des Austauschs, sei es durch die Bereitstellung geeigneter Räumlichkeiten für die Arbeit dieser Vereine, deren Beitrag zum lokalen Leben gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann.

Die gesamte Projektliste kann auf www.strasbourg.eu eingesehen werden und wenn dieser Prozess konsequent weitergeführt wird, entsteht in der Europahauptstadt und Wiege des Rheinischen Humanismus etwas ganz Neues, etwas Zukunftsweisendes, ein Schritt hin zur „Demokratie 2.0“, in der die Rolle der Bürgerinnen und Bürger und deren Mitwirkungsmöglichkeiten im politischen Leben der Stadt neu definiert werden, das ist tatsächlich eine kleine Revolution. Straßburg hat sich auf einen vielversprechenden Weg gemacht – den Weg der Annäherung der Instanzen der Politik und der Verwaltung und der Zivilgesellschaft. Wenn jetzt alle am gleichen Strang ziehen und dieses ehrgeizige Ziel gemeinsam umsetzen, schreibt Straßburg wieder einmal Geschichte. In Zeiten, in denen vieles aus dem Ruder läuft, wäre das eine sehr ermutigende Entwicklung.

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