Ein neuer Job für Donald Tusk

Der nun aus dem Amt scheidende Präsident des Europäischen Rats Donald Tusk wird nicht arbeitslos – am Tag nach seinem Ausscheiden wird er Vorsitzender der EVP.

Donald Tusk könnte eigentlich fröhlicher gucken - mit 93 % der Delegiertenstimmen wurde er zum neuen Vorsitzenden der EVP gewählt. Foto: president.gov.ua / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Es ist schon schön, ein hohes politisches Amt zu bekleiden. Denn um richtig von der Karriereleiter zu stürzen, muss man schon in flagranti dabei erwischt werden, wie man Tafelsilber klaut. Wenn man das nicht tut, dann ist immer irgendwo ein warmes Pöstchen frei. Und so wird Donald Tusk am Tag nach dem Ende seiner EU-Ratspräsidentschaft Vorsitzender der Europäischen Volkspartei (EVP), der Konservativen im Europäischen Parlament.

Donald Tusk hat sein Amt als EU-Ratspräsident positiv gestaltet und in zahlreichen kritischen Situationen sehr besonnen und zielführend agiert. Seine Bilanz ist eine ganz andere als die des ebenfalls ausscheidenden EU-Kommissions-Präsidenten Jean-Claude Juncker, der in seiner Amtszeit maßgeblich dazu beigetragen hat, dass die Europäische Union heute so schlecht dasteht wie nie zuvor. Insofern ist die Wahl von Donald Tusk an die Spitze der EVP keinesfalls eine schlechte Wahl, der Mann kennt die Abläufe in den europäischen Institutionen wie kaum ein anderer und hat tatsächlich europäische Meriten.

Die Zustimmung beim EVP-Parteitag in Zagreb war entsprechend deutlich – 93 % der Delegierten stimmten für den Polen, der als EU-Ratspräsident nicht davor zurückschreckte, auch seine eigenen Landsleute scharf zu kritisieren, wenn dies erforderlich war. Als Nachfolger des Elsässers Joseph Daul, der in den letzten Jahren wohl auch altersbedingt immer mehr von der großen Bühne verschwunden war, wird Tusk nun zu einem der wenigen Hoffnungsträger Europas – und er wird eine Menge Arbeit vor sich haben.

Denn wenn sich die europäischen Konservativen durch die Wahl Tusks deutlich verjüngen und sicherlich eine neue Dynamik im Europäischen Parlament entwickeln können, steht es um die EU-Kommission alles andere als gut. Diese konnte zwar noch gar nicht ihr neues Amt antreten, weil drei der Kandidatinnen und Kandidaten für die Kommissarsposten im Parlament durchgefallen waren und Ersatzkandidaten berufen und geprüft werden mussten, doch zeigt die Besetzung der neuen Kommission eigentlich genau das Gegenteil dessen, was die neue Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen in ihren Antrittsreden verkündet hatte. Alleine schon die Berufung des französischen Top-Managers und Firmensanierers Thierry Breton für das wichtige Ressort des Binnenmarkts, des Digitalen und der Sicherheit zeigt, dass die neue Kommission wohl dort weitermachen will, wo Jean-Claude Juncker aufgehört hatte – als Erfüllungsgehilfe des großen Kapitals. Und das ist angesichts der Machtfülle der EU-Kommission keine gute Nachricht.

Doch nun warten wir erst einmal ab, dass sich alle sammeln, finden und endlich (mit einem Monat Verzögerung) ihre Ämter antreten. Und in diesen neuen Ämtern wartet auf alle zusammen eine riesige Aufgabe – das Managen des „Brexit“. Wünschen wir allen erst einmal einen guten Start – und schauen dann genau hin, was sich in den verschiedenen europäischen Institutionen so tun wird. Europa ist gespannt!

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