Ein Projekt, das hohe Wellen schlägt…

Politik und Religion – der Fall der Errichtung einer neuen Moschee in Strasbourg

Die Baustelle der künftig grössten Moschee in Europa... Foto: © Nicolas Roses

(George Weber) – Am vergangenen Montag, den 22. März 2021, fand eine routinemäßige Stadtratssitzung in Strasbourg statt. Punkt 23 der Tagesordnung lautete „Beteiligung der Stadt an der Errichtung einer Gebetsstätte in Strasbourg“. Konkret ging es um die Zustimmung zu einer Subvention von rund 2,5 Millionen Euro für den Bau einer Moschee. Eine ernsthaft geführte Debatte folgte mit Argumenten, die selbst den Innenminister in Paris hellhörig werden ließen. Er hat seine Präfektur angewiesen, wegen der getroffenen Entscheidung das Verwaltungsgericht anzurufen.

Worum geht es? Die islamisch-türkische Glaubensgemeinde von Strasbourg will ihre eigene Moschee. Aber nicht irgendeine. Es muss gleich die größte in Europa außerhalb der Türkei werden. In Anwendung einer Entscheidung des Stadtrates aus dem Jahre 1999, nach der 10% eines religiösen Bauvorhabens von der Stadt – also dem Steuerzahler – übernommen werden, wollte die neue grüne Mehrheit ohne großes Nachfragen die stolze Summe von rund 2,5 Millionen Euro überweisen.

Die Debatte im Stadtrat brachte jedoch Tatsachen ans Licht, die den Normalbürger mehr als erstaunen ließen, dass die grüne Bürgermeisterin Jeanne Barseghian nicht einige der hier aufgeführten Fragen vorher abklären ließ.

Der islamisch-türkische Kulturverein Milli Görüs (Träger des Bauvorhabens). -  Es ist eben kein Verein im üblichen Sinne. Milli Görüs ist eine den Muslimbrüdern nahestehende politisch-religiöse Organisation, mit deren Hilfe der türkische Präsident Erdogan seinen Einfluss auf das alltägliche französische Laben absichern will.

Der Finanzierungsplan. - Der Bau der Moschee wurde 2017 begonnen und inzwischen wegen Geldmangels vorübergehend eingestellt. Von Anfang an als verlängerter Arm von Ankara gedacht, wollte der Verein Milli Görüs ursprünglich gar keine Subventionen von den verschiedenen französischen Gebietskörperschaften. Erst als eingeplante Geldgeber wie Kuweit und Katar kein Geld fließen ließen, erinnerte sich der Verein an die lokalen Gepflogenheiten. Ob das Departement oder die Region die angeforderten jeweiligen 8% der Gesamtsumme genehmigen werden, bleibt jedoch noch abzuwarten.

Die Istanbul-Konvention. - Das ist ein Text des Europarates, der seinen Namen erhielt von der Stadt, in der die Konvention unterzeichnet wurde. Ironischerweise geschah das 2011 in Istanbul. Die Konvention ist der einzige internationale Text, der Frauen vor Gewalttaten in der Familie schützen soll. Der Zufall des Kalenders wollte, dass die Türkei als Unterzeichnerstaat am Vorabend aus diesem Abkommen ausgestiegen ist. Zynisches Argument. Der Text würde Familien zerstören und Homosexualität fördern. Problem: die Organisation Milli Görüs hat die Türkei in diesem Vorhaben ausdrücklich unterstützt.

Die Charta hinsichtlich der Prinzipien des Islam in Frankreich. - Im Zusammenhang mit der zunehmenden Radikalisierung des Islam in Frankreich hatten die muslimischen Verbände am 18. Januar 2021 Präsident Macron eine Charta überreicht, in der sie die Prinzipien der Republik wie zum Beispiel das Verbot des politischen Islam ausdrücklich anerkennen. Die Organisation Milli Görüs gehört bis heute zu den wenigen, die sich geweigert haben, diese Charta zu unterzeichnen.

Am Ende der Debatte fragte Stadtrat Salah Koussa von der grünen Mehrheitsfraktion entsetzt, was er denn nun den türkisch-muslimischen Gläubigen an Gründen nennen solle für den Fall, dass sie weiterhin keine eigene Moschee als Gebetsstätte bekommen würden. Eigentlich hätte er nur aufmerksam zuhören müssen.

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste