Ein Rücktritt, der gar keiner ist

Die Chefin des rechtsextremen „Rassemblement National“ Marine Le Pen hat den Parteivorsitz an den Europaabgeordneten Jordan Bardella abgegeben. Die Fäden behält sie trotzdem in der Hand.

Der neue Parteichef des rechtsextremen Rassemblement National, Jordan Bardella, ist eine nützliche Marionette von Marine Le Pen. Foto: European Parliament / Wikimedia Commons / CC-BY 2.0

(KL) – Rechtsextreme sind offenbar immer im Wahlkampf. Mit viel Getöse hat am Wochenende die rechtsextreme Marine Le Pen den Vorsitz der Le Pen-Partei „Rassemblement National“ (ex Front National) an den jungen Europaabgeordneten Jordan Bardella (27) abgegeben, der sich in einer Mitglieder-Abstimmung gegen den Bürgermeister von Perpignan Louis Aliot durchsetzte. Ist das nun der Generationswechsel bei den Rechtsextremen? Ja und nein…

Es ist das erste Mal, dass die rechtsextreme Partei nicht von einem Mitglied der Familie Le Pen geführt wird. Nach den ersten Jahrzehnten unter Parteigründer Jean-Marie Le Pen und Jahrzehnten unter seiner Tochter Marine Le Pen, könnte dieser Wechsel an der Parteispitze tatsächlich auf eine Verjüngung in der Führung der Rechtsextremen hinweisen, doch so sieht es nur an der Oberfläche aus. Die Familie Le Pen hält weiter die Zügel in der Hand, doch Jordan Bardella, der in seinen jungen Jahren schon in etlichen identitären Gruppierungen sein Unwesen trieb, soll den ganz extrem weit rechts stehenden Teil der Wählerschaft vom ebenfalls rechtsextremen Eric Zemmour zurück zum „Rassemblement National“ lotsen. Ansonsten ist Bardella nicht viel mehr als die Hand, die den politischen Plan der Familie Le Pen umsetzen soll. Und in diesem Clan steht die nächste Kandidatin bereits in den Startblöcken – Marion Marechal-Le Pen.

Jordan Bardella wird für das „Rassemblement National“ so etwas wie der Mann für’s Grobe werden. Mit seinen identitären Positionen und seiner Vergangenheit in extremistisch-identitären Gruppierungen wird er künftig der provozierende „bad cop“ sein, während Marine Le Pen im Hintergrund als „good cop“ die Fäden zieht und den Kurs vorgibt. Früher oder später wird sie dann Marion Marechal-Le Pen wieder beim rechtsextremen Konkurrenten Eric Zemmour loseisen und in den Familienkreis und die Partei zurückholen, denn mit ihren 33 Jahren stellt die Nichte von Marine Le Pen die Kontinuität des Le Pen-Clans an der Spitze der Rechtsaußen dar.

Die nun erfolgte Wahl Bardellas an die Parteispitze bringt für Marine Le Pen einen weiteren Vorteil – sie kann sich den Franzosen gegenüber als die „gemäßigtere“ Politikerin geben, während Bardella die Aufreger produzieren wird. Somit kann sich Marine Le Pen auf die nächste Präsidentschaftswahl vorbereiten, die sicherlich ihre letzte sein wird, und dabei ein eher „präsidiales“ Image aufbauen, statt permanent als Hetzerin in den Medien aufzutauchen.

Die Familie Le Pen wird trotz aller internen Streitigkeiten (so hatte Marine Le Pen beispielsweise ihren Vater, Parteigründer Jean-Marie Le Pen, aus der Partei geworfen und ihre Nichte hatte Wahlkampf für ihren rechtsradikalen Konkurrenten Zemmour gemacht…) die Kontrolle über „ihre“ Partei nicht aus der Hand geben. Der junge Bardella ist das, was er ist, nur dank Le Pens Gnaden. Allerdings dürfte der Aufstieg des identitären Nachwuchspolitikers vor allem bedeuten, dass sich der Ton von rechtsaußen in nächster Zeit deutlich verschärfen dürfte. So, wie es momentan in viel zu vielen europäischen Ländern auch der Fall ist.

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