Ein Schlag auf die rechte Backe

Bei der Wahl der Delegierten der AfD zum Bundesparteitag fiel ausgerechnet Parteichef Jörg Meuthen durch – er war den AfDlern der Ortenau nicht rechts genug. Beunruhigend.

Ergeht es Jörg Meuthen (links) genauso wie zuvor Bernd Lucke (rechts)? Als Parteichef vom Hof gejagt? Foto: © Robin Krahl CC-BY-SA 4.0int / Source: Wikimedia Commons

(KL) – Eigentlich hätte die Sitzung des Kreisverbands Ortenau der AfD eine reine Formsache sein sollen, kandidierte doch Parteichef Jörg Meuthen (wie auch seine Frau) für einen der vier Delegiertenposten für den Bundesparteitag der rechtsextremen Partei im November. Da stellte sich nur noch die Frage „die Meuthens und wer noch?“ Doch es sollte ganz anders kommen. Jörg Meuthen fiel bei der Wahl samt Gattin sang- und klanglos durch. Er war den Ortenauer Rechtsextremen nicht rechts genug.

Jörg Meuthen, der vor seiner politischen Karriere Professor an der FH Kehl war, bemüht sich seit geraumer Zeit darum, das „normale“ Gesicht der AfD zu sein, ein Mann der rechten Mitte, der immer wieder abwiegelt, wenn es um ultrarechte Theorien aus den eigenen Reihen geht, speziell um die identitären und extrem rechten Positionen von Björn Höcke, der nicht nur für seine markig-nationalistischen Sprüche bekannt ist, sondern auch für seine Nähe zu neonazistischen Gruppierungen.

Nach Höckes verbalen Ausfällen beim stark kritisierten „Kyffhäuser-Treffen“, protestierten rund 100 AfD-Mitglieder gegen den „Personenkult“ um Bernd Höcke und auch Jörg Meuthen, der zwar den entsprechenden Brandbrief nicht unterzeichnet hatte, bezog im ARD-Morgenmagazin eindeutig Stellung gegen die ultranationalistischen Äußerungen des thüringischen Parteichefs Höcke. Und dadurch läutete Meuthen den Anfang des Endes seiner Karriere bei den Deutschnationalen ein. Der Mann ist eben einfach nicht rechtsextrem genug.

Gerade einmal 25 der 63 Stimmen des Kreisverbands erhielt Jörg Meuthen und das lässt tiefe Einblicke in die wahre Natur der AfD zu: Diese Partei wird immer mehr zum Sammelbecken rechtsextremer, deutschnationaler und identitärer Wirrköpfe – und Jörg Meuthen wird sich daran zurückerinnern, wie der Putsch gegen Parteigründer Professor Bernd Lucke (getragen damals von Frauke Petry) aus einer liberalen Wirtschaftspartei einen rechtsextremen Haufen machte. Und offenbar frisst die AfD auf ihrem Weg nach rechts von Rechtsaußen ihre einstigen Führer auf. Lucke weg, Petry weg und demnächst, Meuthen weg. Bleiben die Höcke, Beatrix von Storch, der greise Alexander Gauland und jede Menge verwirrter Deutschnationaler, denen rechtsextrem noch zu weit links ist. Die AfD der Ortenau ist definitiv zum Fall für den Verfassungsschutz geworden.

Ob der Ruck nach rechts von Rechtsaußen der AfD viele Wählerstimmen bringen wird, ist mehr als fraglich. Denn ab sofort wird die Partei alles herausfiltern, was weniger extremistisch als Bernd Höcke eingestellt ist und es ist nicht unbedingt gesagt, dass die Wählerinnen und Wähler dieser Partei geschlossen den Weg hin zu neonazistischen Gruppierungen hinter ihrem Führer Björn Höcke gehen werden. Immerhin, das Märchen von der „normalen“ rechten Partei ist nun zuende erzählt – mit dem Ausklang der Karriere des Jörg Meuthen verliert die AfD den letzten Politiker, der halbwegs glaubhaft vermitteln konnte, dass es sich um eine „normale“ Partei handelt.

Aber wieso ausgerechnet in der Ortenau? Wo kommen die Anhänger für Höckes krude deutschnationale Ideen her? Dass dieser Mann wie ein Rattenfänger den geistigen Bodensatz in der ehemaligen DDR abgreift, geschenkt. Damit war zu rechnen, immerhin haben in den neuen Bundesländern auch der NSU, die Pegida und andere seltsame Vereine ihren Ursprung. Aber in der Ortenau? Dort, wo das Leben noch in Ordnung zu sein scheint?

So hat sich also Jörg Meuthen die Zähne am „Flügel“ ausgebissen, der ultra-identitären Bewegung innerhalb der AfD, die sich durchzusetzen scheint. Für Deutschland ist das sicher keine schlechte Entwicklung, denn ab sofort muss sich jeder Wähler und jede Wählerin der AfD darüber im Klaren sein, dass er oder sie eine neonationalistische Partei wählt, für die das 1000jährige Reich nur ein „Vogelschiss der Geschichte“ ist, wie es Alexander Gauland einmal minimierend ausdrückte. Da ist nichts mehr „rechte, bürgerliche Partei“ – jetzt übernimmt in der AfD „Der Flügel“ die Macht und ab da kann niemand mehr behaupten nicht gewusst zu haben, was sich da zusammenbraut.

Dass es in Deutschland noch einmal eine Partei geben könnte, in der ein Jörg Meuthen als „zu links“ eingestuft wird, ist erschreckend. Dass dies in der Ortenau passiert ist, also vor der Haustür, muss ebenfalls alle Alarmglocken läuten lassen. Es ist nicht mehr 5 vor 12, sondern bereits weit über die 12 hinaus. Die Bestie ist nicht tot, sie ist wieder erwacht.

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