Straßburg: Spaziergang durchs Europäische Parlament
Die Sonne schien, die Menschen waren bester Laune und trotzdem kam man nicht umhin festzustellen, dass kaum EU-Abgeordnete anwesend waren.

(KL) – 18.000 Besucher strömten am Sonntag ins Europäische Parlament, um die Institution „von innen“ kennenzulernen. Bereits bei der offiziellen Eröffnung wurde klar, dass auch dieses Jahr von Seiten der EU-Abgeordneten die „üblichen Verdächtigen“ nach Straßburg gekommen waren, denen der Austausch mit den Europäerinnen und Europäern offensichtlich wichtig ist. Die weit mehr als 700 Abgeordneten, die NICHT nach Straßburg gekommen waren, sollten ihren Wahlkreisen vielleicht einmal erklären, warum man sie wählen soll. Denn dieser Dialog mit den Bürgern scheint den meisten EU-Abgeordneten nicht allzu sehr am Herzen zu liegen.
Kurz vor dem traditionellen Fahnenappell des Eurocorps, dem Startschuss zum Tag der Offenen Tür, musste man zweimal auf die Bühne schauen. Nein, es war kein Déjà Vu, sondern es stimmte – dort standen genau dieselben Abgeordneten und lokalen Würdenträger wie im letzten Jahr. Vize-Präsident Rainer Wieland, Catherine Trautmann, dazu Andreas Schwab, Nathalie Griesbeck und Sandrine Bélier, sowie der Straßburger OB Roland Ries, seine Beigeordnete Nawel Rafik-Elmrini, der neue Präsident der CUS Robert Herrmann und jede Menge hoher Militärs vom Eurocorps. So sehr man den Austausch und das Engagement der Genannten begrüßen muss, bleibt doch die Frage, wo die anderen waren. Drei Wochen vor der Europawahl meiden sie den direkten Kontakt mit den Bürgern – ein guter Grund, die Abwesenden nicht zu wählen…
Klar, der Tag war interessant. Doch „Europa“ sollte sich nicht auf das Verteilen mehr oder weniger teurer Gadgets beschränken, wie es die meisten Fraktionen im Inneren des Gebäudes wohl praktizierten. Wer die zahlreichen, mit vier, fünf prall gefüllten Tragetaschen aus dem Parlament kommenden Menschen sah, musste auf jeden Fall den Eindruck bekommen, dass viel Zeug verteilt wurde, aber wenig Diskussionen stattfanden.
Die gab es dafür im Außenbereich, wo zahlreiche europäische Organisationen, Vereine und Verbände ihre Stände hatten und dort den Dialog mit den Menschen suchten und fanden. Auch, wenn immer noch Vereine nicht damit einverstanden sind, dass sie im Gegensatz zu früher ihre Stände nicht mehr im Gebäude Louise Weiss haben dürfen, sondern „draußen bleiben“ müssen, so stellte sich dieser Umstand am Sonntag als unschätzbarer Vorteil heraus.
Bei prächtigem Sonnenschein, Musik und Speisen und Getränken kamen die Menschen ins Gespräch und viele Besucher wunderten sich über die vielen europäischen Aktivitäten der ausstellenden Organisationen.
Europa, das steht fest, hat ein Kommunikationsproblem. Gewiss, europäische Themen sind in den Redaktionen schwer zu „verkaufen“, doch die andere Seite des Problems sind viele Abgeordnete selbst. Abgeordnete, die sich so weit vom gemeinen Volk weg bewegt haben, dass sie damit eigentlich die Qualifikation verspielt haben, als „Volksvertreter“ die europäischen Bürgerinnen und Bürger zu repräsentieren. Aber das können wir uns ja noch bis zum 25. Mai überlegen.
Kommentar hinterlassen