Ein seltsames „Musikfest“

Ja, es war ein wenig wie die „Fête de la Musique“ jedes Jahr. Und dann auch wieder nicht. Festhalten kann man auf jeden Fall, dass die Franzosen für sich die Coronakrise für beendet erklärt haben...

Ja, es gab auch Live-Musik. Vor viel Publikum, das weder viel von Abstand, noch von Masken hält... Foto: Eurojournalist(e) / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Anders als in anderen Jahren gab es bei der 2020-Ausgabe der „Fête de la Musique“ zwar jede Menge Publikum, dafür aber nur wenig Livemusik. Die Jugend der Stadt hatte sich in Schale geworfen und verständlicherweise Lust auf Party. Es war warm, der Sommer hat angefangen und man will nach den Monaten der Corona-Disziplin endlich wieder normal leben.

In Straßburg waren tagsüber die Schiffe von Batorama mit Bands an Bord unterwegs und viele saßen an der Böschung und genossen den Musiknachmittag und -abend. Sie saßen auch sehr dicht gedrängt, sie trugen auch kaum Masken, und es wird immer offensichtlicher, dass man weder mit Barriere-Gesten, noch mit Masken unterwegs sein will. Selbst der Noch-OB Roland Ries stand ohne Maske vor dem Wahllokal seines Kronprinzen und das, nachdem er der gesamten Innenstadt Maskenpflicht verordnet hatte (die ein Gericht wieder kippte). Die Nachricht ist klar – die Coronakrise ist vorbei. Blöd nur, dass sie es gar nicht ist.

Auch in der Innenstadt waren viele Menschen unterwegs und freuten sich über jede Band, über jede Musiker*in, die live performten. Das war zwar eigentlich immer nur für jeweils 10 Zuschauer*innen gestattet, doch lässt sich so etwas in der Praxis eben nicht durchsetzen. Bei den wenigen Bands standen somit immer deutlich größere Menschenmenge, dicht gedrängt, und überwiegend ohne Maske. Aber dafür gab’s gute Livemusik.

Deutlich schlimmer war es in Paris, wo 20.000 Menschen eine Riesenparty feierten, selbstverständlich ohne Abstand und Masken. Wofür auch? Immerhin haben wir ja beschlossen, dass die Krise vorbei ist. Kein Coronavirus mehr, hurra!

Und nun beginnt eine Woche des bangen Abwartens. Löst das völlig verantwortungslose Verhalten eine neue Welle aus? Wird das Virus noch einmal richtig scharf gemacht? So wie in Deutschland, wo die R-Zahl und die R-Plus-Zahl massiv in die Höhe schnellen? Rechtzeitig zur Stichwahl der wichtigen OB- und Kommunalwahlen werden wir es wissen, doch keine Sorge, der Wahltermin wird nicht verschoben werden. Dafür haben ja gestern alle zusammen gesorgt und dem Argument „letzten Sonntag konntet ihr Party machen, dann könnt ihr diesen Sonntag auch wählen gehen“ wird man nichts entgegenhalten können, egal, wie sich die Zahlen weiter entwickeln.

Aber vielleicht haben ja auch alle Glück und entgehen einem Aufflammen dieses Virus. Für viele Protestler gibt es das Virus mit seinen inzwischen 450.000 Toten ja auch gar nicht. Diese werden erst dann an die Existenz des Virus glauben, wenn sie selber mit 40 Grad Fieber im Bett liegen. Das wollen wir ihnen aber natürlich nicht wünschen.

Das war also die „Fête de la Musique“ – ein Stückchen Rückkehr zur Normalität, ein Stückchen Tanz auf dem Vulkan, ein Stückchen Sommer 2020 und momentweise ein Stückchen Lebensqualität. Hoffen wir, dass wie das nicht allzu teuer bezahlen müssen.

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