„Ein verantwortungsloser Mitmensch ist kein Bürger mehr“

Die Wahlkampf-Strategie von Emmanuel Macron wird immer klarer. Er eröffnet die Jagd auf die Ungeimpften, in der Hoffnung, dass die Geimpften dann für ihn stimmen.

Aber wenn er schon die Franzosen überhaupt nicht mag, warum will er dann unbedingt Präsident bleiben? Foto: Marine Dumény / EJ / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Dass der französische Präsident fast alle seine Landsleute geringschätzt, das wissen die Franzosen seit Emmanuel Macron zum Präsidenten gewählt wurde. Es gibt kaum eine Bevölkerungsgruppe, die Macron in den viereinhalb Jahren seiner Amtszeit nicht von oben herab beleidigt hätte. Insofern hat sich kaum jemand gewundert, als der Präsident ankündigte, die „Ungeimpften bis zum bitteren Ende nerven“ zu wollen, wobei der von ihm verwendete Begriff „emmerder“ mit „nerven“ sehr freundlich übersetzt ist. Dass der Präsident ungeimpfte Mitbürger mit Sch…. überhäufen will, ist eine Sache. Dass er ihnen die Bürgerschaft aberkennen will, ist eine andere. Und das alles, um seine Chancen auf eine Wiederwahl zu erhöhen.

Die Aberkennung der Staatsbürgerschaft ist ein schier unglaublicher Vorschlag eines Präsidenten, dessen Job es ist, für den Zusammenhalt der Gesellschaft zu arbeiten und Schaden von seinem Land abzuwenden. Es ist allerdings keinesfalls seine Aufgabe, das Land abgrundtief zu spalten, um seine persönliche Machtgeilheit auszuleben. Der Schaden, den Macron Frankreich gerade zufügt, wird länger andauern als die Pandemie und bereits die ersten Tage nach seinem fürchterlichen Interview im „Le Parisien“ zeigen, dass er mit seiner Strategie der Spaltung sogar Erfolg haben könnte.

Angestachelt von ihrem Idol nehmen die Macron-Jünger in den sozialen Netzwerken kein Blatt mehr vor den Mund und wetteifern in Gewalt- und Straf-Phantasien. Was man momentan in den sozialen Netzen lesen muss, wäre noch vor wenigen Monaten Grund für eine Anzeige gewesen, doch wenn der Präsident schon zur Hexenjagd einlädt, warum sollten sich dann verstörte Bürgerinnen und Bürger nicht ebenso äußern?

Nun gibt es rund 10 % Franzosen, die sich angesichts der vielen Ungereimtheiten rund um die Impfungen (noch) nicht haben impfen lassen. Dies verstößt gegen kein Gesetz, da es (noch) keine Impfpflicht gibt (und die gibt es nicht, weil der Staat nicht bereit ist, die Haftung die für von ihm verordneten Impfstoffe zu übernehmen). Aber kann man jemanden mit so etwas Heftigem wie der Aberkennung der Staatsbürgerschaft bestrafen, der gegen überhaupt kein Gesetz verstoßen hat? Nur, weil er oder sie nicht das tut, was die Regierung gerne hätte?

Und was bedeutet eigentlich „Aberkennung der Staatsbürgerschaft“? Entzug des Stimmrechts? Das würde Macron natürlich gut in den Plan passen, denn die 10 % Impfskeptiker werden ausnahmslos nicht für Macron stimmen. Dürfen die so von Macron zu „Nichtbürgern“ abgestempelten Franzosen noch im Land bleiben? Sind diese Leute tatsächlich, wie von Macron suggeriert, „Staatsfeinde“?

In einem TV-Interview am 15. Dezember gab sich Macron geläutert und entschuldigte sich fast dafür, dass er in seiner bisherigen Amtszeit praktisch alle Franzosen mindestens einmal beleidigt hatte. Aber, so Macron, er habe inzwischen gelernt, die „Franzosen zu lieben“. Sehr lange hat diese Liebesbeziehung allerdings nicht angehalten, wenn er nur wenige Tage später große Teile der Bevölkerung erneut beleidigt und sogar aus der Gemeinschaft der Franzosen ausschließen will. Da hierfür natürlich jede rechtliche Grundlage fehlt, bleibt eigentlich als Vorwand für seinen Plan nur ein Grund: Majestätsbeleidigung. Und genau hier liegt das eigentliche Problem. Emmanuel Macron hält sich für den von Gott eingesetzten Herrscher über die Franzosen, eine Art Wiedergeburt der französischen Könige und Kaiser. Wünschen wir dem Präsidenten, dass er nicht wie einer seiner Vorgänger seine alten Tage auf Sankt Helena verbringen muss…

 

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