Ein ziemlich gelungener Start

Die Spitzen der drei Koalitionspartner SPD, Grüne und FDP haben ihren Koalitionsvertrag vorgestellt. Es sieht so aus, als würde viel Bewegung in die deutsche Politik kommen.

Christian Lindner, Olaf Scholz, Annelena Baerbock und Robert Habeck bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags. Foto: ScS EJ

(KL) – Selbst der gescheiterte Kanzlerkandidat der CDU/CSU Armin Laschet zollte Lob – und das will etwas heißen. Die Vorstellung des Koalitionsvertrags war in der Tat vielversprechend und kündet davon, dass sich in der deutschen Politiklandschaft einiges verändern wird, angefangen vom Ton, in dem die Parteien miteinander umgehen. Der designierte Kanzler Olaf Scholz hat etwas Überraschendes geschafft – jeder der drei Koalitionspartner kann sein ganz eigenes Profil behalten und dazu seine spezifischen Kompetenzen in eine gemeinsame Regierung einbringen. Das „Absegnen“ des Koalitionsvertrags durch die „kleinen Parteitage“ von SPD und FDP, beziehungsweise eine Online-Mitgliederbefragung bei den Grünen dürfte wohl eher eine Formalität werden – es sieht ganz danach aus, als hätte Deutschland ab Mitte Dezember eine neue, interessante Regierung.

Die Verteilung der Ministerien zeigt, mit welcher Perspektive diese Regierung arbeiten will. Alle Parteien besetzen diejenigen Ministerien, die am ehesten ihrer Fachkompetenz entsprechen. Bei der einen oder anderen Entscheidung mag man sich zwar wundern (wie beispielsweise beim Verkehrsministerium, das man eher bei den Grünen verortet hätte, das aber bei der FDP landet), aber auch das macht Sinn, wenn man sich die ganze Liste anschaut.

So stellt die SPD in der neuen Regierung wenig überraschend den Kanzler und übernimmt folgende Ministerien: Innenministerium, Verteidigung, Gesundheit, Arbeit und Soziales, Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und ein neues Bauministerium.

Die Grünen stellen künftig die Minister in einem neuen Ministerium Energie und Klima, das aller Wahrscheinlichkeit nach von Robert Habeck geleitet werden wird, der auch Vizekanzler soll. Dazu kommen das Außenministerium (das voraussichtlich von Annalena Baerbock geleitet werden wird), Umwelt- und Verbraucherschutz (dieses Thema war zuvor im Justizministerium angesiedelt), Familie, Frauen und Jugend sowie Ernährung und Landwirtschaft, für das Cem Özdemir vorgesehen ist.

Die FDP bekommt das Ministerium, das Christian Lindner am meisten am Herzen lag: Finanzen. Dazu werden Verkehr und Digitales, Bildung und Forschung sowie das Justizministerium künftig von FDP-Politikern geleitet werden.

Nach drei Jahrzehnten CDU-Regierung unter Helmut Kohl und Angela Merkel klingt das nach viel frischem Wind, aber auch nach zähen Verhandlungen in der Ministerrunde. Während die SPD sich besonders um soziale Themen bemühen wird, die Grünen am einem umweltfreundlichen Umbau der Wirtschaft und der Gesellschaft arbeiten werden, kann die FDP ihre ordoliberale Finanzpolitik umsetzen – was eigentlich alles Gegensätze sind, die in machen Themen so etwas wie die Quadratur des Kreises erfordern werden. Doch die inhaltliche Auseinandersetzung mit diesen Themenbereichen kann nur der Sache dienlich sein und die Kompromisse, die alle drei Parteien finden werden müssen, können eigentlich Deutschland nur voranbringen.

Dazu kündigte Olaf Scholz an, dass die neue Regierung heftig investieren wolle, dass man kurzfristig 1 Milliarde Euro für Prämien für Pflegeberufe locker machen will und dass im Kanzleramt Krisen- und Expertenstäbe eingerichtet werden, die der Regierung tagesaktuellen Input zum pandemischen Geschehen liefern werden.

Als nächstes finden nun in den kommenden 10 Tagen die „kleinen Parteitage“ von SPD und FDP statt, auf denen die Delegierten über den 170 Seiten starken Koalitionsvertrag beraten und abstimmen werden, während die Grünen die Zustimmung ihrer Mitglieder über eine Online-Befragung einholen werden. Zwar ist man nie vor Überraschungen sicher, doch kann man damit rechnen, dass diese Zustimmung erteilt wird, sind doch alle drei Parteien in ihren Themenbereichen gut vertreten. Sollte diese Zustimmung erwartungsgemäß erteilt werden, kann bereits am 10. Dezember der neue Kanzler Olaf Scholz gewählt werden und das Abenteuer: „Mehr Fortschritt wagen“ kann beginnen!

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