Eine schöne Momentaufnahme?

Die Arbeitslosenquote in der Ortenau sinkt um 0,3 % auf 2,9 %. Alles klar im Land des Wirtschaftswunders? Schön wär’s… aber das ist nur die Ruhe vor dem großen Sturm.

Wenn Deutschland nicht bald etwas einfällt, werden wir solche Szenen künftig öferts sehen... Foto: Alex Proimos from Sydney, Australia / Wikimedia Commons / CC-BY 2.0

(KL) – Und wieder einmal – Vollbeschäftigung in der Ortenau. Eine Arbeitslosenquote von 2,9 %, um die vermutlich die ganze Welt die Ortenau beneidet. Und selbst der Rest Baden-Württembergs, denn landesweit liegt die durchschnittliche Arbeitslosenquote bei 3,1 %. Wenn man nur die Zahlen anschaut, dann könnte man meinen, dass alles toll läuft. Wenn man sich den Gesamtkontext anschaut, stellt man fest, dass Deutschland gerade auf dem Weg in eine große Krise ist.

Eine geringe Arbeitslosigkeit, das ist natürlich eine gute Sache. Je weniger Arbeitslose, desto weniger Sozialausgaben und umso höhere Steuereinnahmen. Das dürfte gerne ewig so weitergehen. Doch das wird es nicht – wir befinden uns gerade im Vorzimmer einer strukturellen Rezession, auf die erst noch die passenden Antworten gefunden werden müssen. Denn die deutsche Sparpolitik, die so viel Unheil in den Ländern Südeuropas verursacht hat, wurde auch in Deutschland angewandt. Und das war ein Fehler, der uns zwar kurzfristig den Ruf des „Klassenbesten“ eingebracht hat, doch mehr auch nicht.

Der demographische Wandel wird seine Wirkungen nun in voller Härte entfalten. Denn immer mehr Rentner werden von den Steuern von immer weniger Arbeitnehmern versorgt werden müssen und hier geht eine Schere auf, die wir schon bald sehen werden. Dazu haben wir die Infrastruktur in Deutschland kaputtgespart. Ob Straßennetz, Schienennetz, Flughäfen, Schulen, Krankenhäuser – überall findet man überholte Strukturen vor, die dringend ersetzt oder zumindest renoviert werden müssten. Doch bei sinkenden Steuereinnahmen (die Finanzminister Olaf Scholz vorsorglich ab diesem Jahr angekündigt hat) und steigenden Sozialabgaben ist es fraglich, wie die Runderneuerung der wichtigsten Infrastrukturen gestemmt werden kann.

Keine Frage, die Arbeitsmarkt-Profis am Oberrhein, und zwar auf beiden Rheinufern, leisten einen hervorragenden Job und sie sind es ohnehin nicht, die an diesen allgemeinen Entwicklungen etwas drehen könnten. Das kann einzig und alleine die Politik und die scheint dieses Problem entweder zu verdrängen oder nicht wahrzunehmen – und beides wäre beunruhigend.

Der Rückgang der Arbeitslosenquote um 0,3 % im Bezirk liegt, unter anderem, am Frühlingswetter, das praktisch sofort zu Einstellungen im Bereich Hotel und Gastronomie führt und auch die großen, grenzüberschreitenden Arbeitgeber der Region, stellen aktuell ein. Und – zurzeit sind in der Ortenau nicht weniger als 4132 Stellen zu besetzen. Da würde es Sinn machen, sich jetzt rechtzeitig eine Stelle zu sichern, bevor sich die Entwicklung verschärft. Denn das wird, trotz der guten Zahlen, schon bald der Fall sein.

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