Eine seltsame Wahl…

In Frankreich wurde am Wochenende die Hälfte des Senats, des „Oberhauses“ der französischen Politik, neu gewählt. Verstehen werden wir in Deutschland dieses System wohl kaum.

Hier, im französischen Senat, führen die Senatoren und Senatorinnen ein plüschiges Leben... Foto: Soleil1409 / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Die Wahlen zum französischen Senat sind die wohl seltsamsten Wahlen, die Frankreich zu bieten hat. Da ist zum einen die ziemliche Machtlosigkeit des Senats, der sich zwar äußern kann (und soll), aber ansonsten einfach von der Nationalversammlung überstimmt werden kann. Zwar hat der Senat verfassungsmäßig die Möglichkeit, den Staatsrat bei wichtigen Entscheidungen anzurufen, doch ist es nicht vorgesehen, dass der Senat selbst irgendwelche weitreichenden Entscheidungen treffen kann. Ebenso seltsam wie die Institution selbst ist auch das Wahlverfahren, das reichlich anachronistisch anmutet.

Alle drei Jahre wird die Hälfte des Senats neu gewählt und die Senatoren und Senatorinnen sitzen dann für jeweils sechs Jahre in den plüschigen Sesseln des Palais de Luxembourg in Paris. Gewählt werden die Senatorinnen und Senatoren nicht etwa von der Bevölkerung, sondern von landesweit rund 130.000 Wahlmännern und -Frauen. Bei diesen handelt es sich um Abgeordnete und Senatoren, Regionalräte, Abgesandte der Stadt- und Gemeinderäte, die zuvor (am 10. Juli 2020) in ihren Räten gewählt wurden. So wählten beispielsweise im Departement Bas-Rhin 2790 Wahlmänner und -Frauen fünf Senatoren und Senatorinnen. Warum es diesen seltsamen Wahlmodus gibt, bei dem sich die politische Kaste praktisch selber wählt, das weiß niemand mehr so genau.

Trotz der relativen politischen Bedeutungslosigkeit des Senats, trotz des seltsamen Wahlmodus, kam es dennoch am Wochenende zu einem Paukenschlag. Durch eine relative Überrepräsentation des ländlichen Raums konnten die Konservativen im Departement Haut-Rhin punkten und das südliche Departement des Elsass schickt mit Christian Klinger und Sabine Drexler (Les Républicains) und Patricia Schillinger und Lodovic Haye (La République en Marche) vier Konservative in den Senat.

Die Überraschung gab es im Departement Bas-Rhin, wo neben Claude Kern (UDI) und der jungen Elsa Schalck (LR), Laurence Muller-Bronn (LR) und André Reichardt auch zum ersten Mal mit Jacques Fernique ein grüner Senator im Bas-Rhin gewählt wurde. Das wiederum bedeutet, dass die OB-Wahlen in Straßburg keineswegs eine Eintagsfliege waren, sondern dass nach wie vor ein grüner Wind durch Frankreich weht.

Die Zusammensetzung des nun zur Hälfte erneuerten Senats entspricht nicht im Geringsten den politischen Kräfteverhältnissen in der Nationalversammlung. So sind im Senat die Konservativen (LR) mit Abstand die stärkste Fraktion (zwischen 145 und 155 Sitzen), gefolgt von den Sozialisten (PS, 65 Sitze), vom Zentrum (zwischen 48 und 52 Sitzen), der erstaunlich schwachen Regierungspartei von Präsident Macron (LREM, zwischen 21 und 25 Sitzen) und mehreren anderen Formationen, unter anderem den Kommunisten (15 Sitze), den Grünen (11 oder 12 Sitze), den „Unabhängigen“ (zwischen 10 und 14 Sitzen) und 4 Parteilosen.

Und was sagt uns das? Eigentlich nicht viel. Die Politik wird in Frankreich in erster Linie vom Präsidenten bestimmt, wenn es sein muss, auch per Dekret und am Parlament vorbei. Aber wenn man über die Grenze schaut, dann muss man ja auch nicht immer alles verstehen. Die Institution des Senats und der verstaubte Wahlmodus gehören eben zu den Dingen, die sich wohl nur Franzosen und Französinnen erschließen. Wenn überhaupt.

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