Eine spannende Woche beginnt für die Europäische Einheit

Wird es eine Einigung in der Griechenlandkrise geben? Wird Deutschland den europäischen Abhörskandal wirklich unter den Teppich kehren? Wird die EU Juncker zuhören? Und Russland?

Wenn sich unsere Verantwortlichen diese Woche richtig blöd anstellen, bricht Europa auseinander. Foto: NASA / Wikimedia Commons / PD

(KL) – Europa am Scheideweg – so könnte die heutige Überschrift zum Wochenbeginn lauten. Nachdem alle Gespräche zur Lösung der Griechenlandkrise gescheitert sind, kommen heute Abend die EU-Staats- und Regierungschefs in Luxemburg zu einem Sondergipfel zusammen. Ob sich wohl die Vernunft durchsetzt? Ob es wohl einen Schuldenschnitt gibt, beispielsweise gekoppelt an eine, wie verschiedene Experten anregen, „auf einen langen Zeitraum gestreckte Verpflichtung zu einer wie auch immer gearteten Zahlung“, damit nicht der Eindruck entsteht, dass man Schulden nicht begleichen muss, ohne dabei die europäische Einheit nachhaltig zu zerstören?

Was wird mit Russland? Nachdem die EU angekündigt hat, die Sanktionen aufgrund der Annektierung der Krim nicht nur aufrecht zu erhalten, sondern noch zu verschärfen und nach der Einfrierung russischer Konten bei westlichen Banken, tobt Wladimir Putin im Kreml und droht nun seinerseits mit Konsequenzen. Mit schöner Regelmäßigkeit schaukeln sich nun beide Seiten, Russland und der Westen, zu einem „Kalten Krieg 2.0“ hoch – der allerdings niemandem nützen wird. Gleichzeitig ist diese Woche ein Besuch von Alex Tsipras in Moskau geplant – erleben wir diese Woche einen dramatischen Einschnitt in die Geschichte Europas, indem die EU Griechenland den Stuhl vor die Tür stellt und als Reaktion Russland den Griechen eine helfende Hand reicht?

Diese Woche geht das Gezerre um den Untersuchungsausschuss des BND/NSA-Abhörskandals weiter. Ein „Sonderermittler“ soll vom Kanzleramt auf Vorschlag des Bundestags ernannt werden, der anstelle des Ausschusses Einblick in die „Selektoren-Liste“ der Amerikaner nehmen soll, um dann den Mitgliedern des Ausschusses über die Inhalte zu berichten, die Angela Merkel ihm erlaubt weiterzugeben. Alles richtig Schlimme wird das Kanzleramt dem Untersuchungsausschuss der Vertreter des deutschen Volks verbieten zu sagen. Womit wir diese Woche in Deutschland an den Punkt kommen, an dem sich die Regierung vom Grundprinzip der demokratischen Kontrolle der Regierung durch das Parlament entzieht. Dies ist ein ungeheuerlicher Vorgang, der durch keine noch so tiefe Freundschaft mit einem Land, das uns, unsere Wirtschaft und durch uns auch unsere europäischen Partner ausspionieren lässt, zu rechtfertigen ist.

Ob wohl diese Woche Kommissions-Präsident Jean-Claude Juncker zugehört werden wird, der ausnahmsweise anlässlich des „Welttags der Flüchtlinge“ mal etwas sehr richtiges gesagt hat? Er nahm die europäischen Regierungen ins Gebet, die sich immer noch zieren, einen Verteilerschlüssel für die Aufnahme von Flüchtlingen zu akzeptieren, obwohl es bei diesem Schlüssel nur um die Aufteilung des Gipfels des Eisbergs geht. „Es reicht nicht, sich zu Gedenktagen mit Krokodilstränen über den Tod Zehntausender Flüchtlinge im Mittelmeer zu beklagen, während man gleichzeitig nicht genug tut, um diese Menschen zu retten“, wetterte er und zwar völlig zu Recht. Und doch ahnt man, dass sich nichts an der Flüchtlingspolitik der EU ändern wird.

Diese Woche wird extrem wichtig für Europa. Ohne eine Einigung zwischen der EU und Griechenland könnte es passieren, dass die europäischen Regierungen einen Dominoeffekt auslösen, den sie nicht mehr beherrschen können. Und der mit dem Auseinanderbrechen der EU enden könnte. Viele freut das, denn sie sehen darin eine Chance, die negativen Auswirkungen der viel zu schnell erfolgten EU-Erweiterung in den letzten Jahrzehnten zu korrigieren.

Nur – wie dreht man das Rad der Geschichte wieder zurück? Viele wünschen sich ein „Kerneuropa“ mit den wirtschaftlich stärksten europäischen Ländern. Doch was wird dann mit den anderen? Wollen wir wirklich ein „Europa A“ und ein „Europa B“? Ein reiches und ein armes Europa? Wohl kaum, denn dann würde Europa nur noch ein großer Binnen- und Finanzmarkt – ohne einen Funken Humanismus oder soziales Gewissen.

Also wäre es definitiv besser, würde sich Europa in dieser wichtigen Woche eines Besseren besinnen und sich eine neue Ausrichtung geben – hin zu einem „Europa der Menschen“, das diese Bezeichnung auch verdient. Noch könnte das klappen.

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