Eine Wunde, die nie verheilt

Vor zwei Jahren erschütterte ein Attentat den Weihnachtsmarkt in Straßburg. Ein Kleinkrimineller aus Tschetschenien erschoss kaltblütig fünf Menschen. Ein Trauma für die ganze Stadt.

Das Trauma des Anschlags von Straßburg wird uns noch lange belasten. Foto: Guillaume.G / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Seit dem 11. Dezember 2018 hat sich die Stadt Straßburg verändert. Wie andere Städte, die von Terroranschlägen erschüttert wurden, hat sich das Gefühl der permanenten Gefahr etabliert, was sich unter anderem daran zeigt, dass permanent bis an die Zähne bewaffnete Soldaten in 4er-, 6er- und 8er-Gruppen in der Stadt patrouillieren. Allerdings führt diese Militärpräsenz in der Stadt zu einem doppelten Gefühl – einerseits das Gefühl einer ständigen Bedrohung (was sicherlich nicht falsch ist) und andererseits das Gefühl einer vermeintlichen Sicherheit (die leider nicht gegeben ist). Heute, am 11. Dezember 2020, erinnert sich Straßburg an die Opfer und daran, wie die Stadt tagelang während der Suche nach dem Täter einen Albtraum erlebte. Doch auch die heute ausgesprochenen „Nie wieder so etwas!“ bleiben leider nicht mehr als ein frommer Wunsch.

Terrorismus kannten wir in Straßburg, ebenso wie viele Menschen in anderen Städten, nur aus dem Fernsehen und den Sozialen Netzwerken. Wir waren „Charlie“, wie waren „Paris“, wir waren „Brüssel“, wir waren „Madrid“, wir waren „Nizza“ und diese Liste lässt sich fast beliebig weiterführen. Wir waren bei jedem dieser Anschläge betroffen, ohne wirklich betroffen gewesen zu sein. Der 11. Dezember 2018 sollte dies ändern. Plötzlich war die ganze Welt „Straßburg“ und auch, wenn diese Solidarität hilfreich war, so waren wir dennoch mit dieser Situation alleine. Daran änderten auch die Besuche von Innenminister Castaner und Präsident Macron nicht viel. Wie auch?

Die Nachrichtenlage der Welt hat Straßburg eingeholt. Unsere Stadt reihte sich nun in die Liste der „Je suis xxx“-Städte ein und auf diese Art von Bekanntheit hätten wir gerne verzichtet. Seitdem befinden wir uns alle in einem Dauerspagat zwischen Sicherheits-Vorkehrungen und dem Wunsch, dass alles wieder „normal“ werden möge. Doch nichts wird mehr „normal“ sein, denn die Bedrohung durch den Terrorismus ist nach wie vor aktuell und daran wird sich so schnell auch nichts ändern.

Dass heute die Menschen in Straßburg der Opfer gedenken, ist wichtig. Denn wenn diese Menschen in Vergessenheit geraten, dann haben die Terroristen dieser Welt gewonnen.

Dass es sich bei dem Täter um einen Kleinkriminellen handelte, der durchdrehte, weil er erfahren hatte, dass seine Verhaftung bevorstand, ändert nichts daran, dass es sich um einen Terroranschlag handelte. Denn „Terror“ ist nichts anderes als die Verbreitung von Angst, die als Grundton in der Gesellschaft verankert wird.

Gedenken wir heute der Opfer, seien wir solidarisch und achten wir alle aufeinander – das ist die beste Antwort, die man auf das Phänomen des Terrorismus momentan geben kann.

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