Einer, der sich immer treu geblieben ist

Im Alter von 83 Jahren starb in Berlin der grüne Abgeordnete Hans-Christian Ströbele, eine der schillernsten Politiker-Persönlichkeiten der letzten Jahrzehnte.

Hans-Christian Ströbele wird in der deutschen Politik fehlen. Foto: Mehr Demokratie / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 2.0

(KL) – Hans-Christian Ströbele gehörte zu den Politikern, die Veränderungen bewirkt haben. Vom RAF-Anwalt bis zum ökologisch angehauchten Dauerinhaber eines Direktmandats für die Grünen im Bundestag, dreimal hintereinander erobert im Kiez-Wahlkreis Kreuzberg-Friedrichshain-Prenzlauer Berg, war Hans-Christian Ströbele das grüne und soziale Gewissen nicht nur der Republik, sondern auch der Grünen, deren Abdriften in den gutsituierten bürgerlichen Bereich Ströbele immer mit kritischen Augen sah.

Was für ein Politikerleben! Einst war er zusammen mit Klaus Croissant und Horst Mahler (der dann in die rechtsextreme Ecke zur NPD wechselte) der Verteidiger der RAF-Terroristen und sass phasenweise selbst im Gefängnis, denn im Deutschen Herbst Anfang der 80er Jahre war es hochsuspekt, dass sich Juristen der Verteidigung von Terroristen widmeten, für die sie offensichtlich Symathien hegten.

Als dann die Grünen in Deutschland auf der politischen Bühne erschienen und das Establishment durcheinander wirbelten, war Hans-Christian Ströbele ein Mann der ersten Stunde. Frei nach dem Motto von Rudi Dutschke, der einst den „langen Marsch durch die Institutionen“ forderte, um die Gesellschaft von innen zu verändern, engagierte sich Hans-Christian Ströbele fortan in der Politik.

1978 gehörte er zu den Gründern der links-alternativen Tageszeitung TAZ, die bis heute überlebt und die als „andere Stimme Deutschlands“ heute vielleicht wichtiger ist als je zuvor. 19 Jahre lang saß er im Bundestag (1998 – 2017) und setzte sich, unter anderem, für Bürgerrechte, Whistleblower (er besuchte Edward Snowden in Moskau) und zahlreiche andere gesellschaftspolitische Fragen ein.

Aufgrund einer schweren Krankheit trat Ströbele nicht mehr zur Bundestagswahl 2017 an, doch blieb er ein aufmerksamer Beobachter und auch Akteur der Politik. Mit Hans-Christian Ströbele starb nun eine Reizfigur, die in der öffentlichen Meinung polarisierte. Sein Lebenswerk ist der teilweise Umbau der Bundesrepublik in einen ökologischeren Staat, der sich immer wieder in seinen Entscheidungen hinterfragt, bevor es Menschen wie Hans-Christian Ströbele tun.

Man muss kein Anhänger der Grünen und kein Fan von Hans-Christian Ströbele sein, um über seinen Tod betrübt zu sein. Möge er in Frieden ruhen.

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