Einer von beiden täuscht sich. Oder beide…

In ihren Neujahrsansprachen haben Zelensky und Putin ihren „Sieg“ für das Jahr 2023 verkündet. Doch wird am Ende niemand diesen Krieg gewinnen. Schon gar nicht im Jahr 2023.

In der Ukraine sind gerade alle auf dem Holzweg... Foto: MarkBuchawicki / Wikimedia Commons / CC0 1.0

(KL) – Die Neujahrsansprachen der Mächtigen dieser Welt waren eine Propaganda-Katastrophe. Nicht nur, dass Zelensky und Putin ziemlich realitätsfern ihren jeweiligen Sieg für das neue Jahr verkündeten, auch die anderen „Führer“ dieser Welt stießen ins gleiche Horn. Doch reicht es, die Situation genau zu betrachten um festzustellen, dass niemand 2023 diesen Krieg gewinnen wird.

Bei Zelensky versteht man wenigstens noch das Ziel. Der ukrainische Präsident würde gerne, verständlicherweise, die russischen Truppen aus der Ukraine verjagen, die so genannten „Volksrepubliken“ wieder in die Ukraine integrieren und die Krim zurückerobern. Dass dieses Ziel in der aktuellen Situation absolut unrealistisch ist, steht auf einem anderen Blatt.

Bei Putin ist allerdings völlig unklar, was er eigentlich will. Nachdem er sich getäuscht hatte, als er dachte, dass der Westen ebenso schlapp reagieren würde wie 2014, als Putin die Krim annektierte und der Rest der Welt woanders hinschaute, erkennt man heute, wie schwer es den schlecht organisierten russischen Truppen fällt, alleine rund 15 % des ukrainischen Territoriums zu kontrollieren. Was die russische Armee allerdings nicht davon abhält, weiter die ganze Ukraine in Schutt und Asche zu legen, wenn man sie schon nicht erobern kann. Also stellt sich die Frage, was Putin überhaupt will und auch, was er eigentlich kann.

Die Nachrichtenlage der letzten Monate zeigt, dass sich der Krieg festgefahren hat und zu einem Stellungs- und Materialkrieg mutiert. Ewig dauernde Gefechte um unbedeutende Dörfer und Ortschaften, von denen noch nie jemand gehört hat, und die plötzlich zu strategisch unverzichtbaren Orten deklariert werden, wie Bachmut, werden die nächsten Monate dieses Kriegs charakterisieren.

Die Ankündigung von „Siegen“ für das Jahr 2023 ist nicht mehr als eine Durchhalteparole, ein Propaganda-Slogan, eine Täuschung der eigenen Bevölkerung und der Welt. Und während der Westen davon redet, die Russen aus der Ukraine zu werfen, organisiert sich Russland mit Hilfe anderer Regionen der Welt, wie dem Iran, neu. Der Kreml stellt neue Bataillone zusammen, mobilisiert weitere Truppen, beschafft zusätzliche Waffen in Ländern, die sich freuen, dem verhassten Westen endlich eins auswischen zu können.

Doch das Gerede von bevorstehenden „Siegen“ hat natürlich auch ein anderes Ziel – dem Westen zu suggerieren, dass man nur noch ein paar Milliarden und jede Menge Waffen braucht, um diesen Krieg in Windeseile beenden zu können. Das ist zzwar Quatsch, aber solange westliche Politiker begeistert dieses Narrativ aufnehmen und weiterverbreiten, so lange wird sich an dieser Form der Propaganda nichts ändern.

Und obwohl jeder erkennen kann, dass wir gerade ein Remake von 1914 und 1939 erleben, machen alle auf ihrem Weg weiter, obwohl die Geschichte zeigt, wie lange solche Kriege dauern, wieviele Opfer sie fordern und was die Zerstörungen kosten. Im Zeitalter des überall und jederzeit verfügbaren Wissens ist es eine Schande, genau die gleichen Fehler zu machen, die bereits zweimal zu Weltkriegen mit hundert Millionen Toten und unvorstellbaren Zerstörungen geführt haben.

In ein paar Jahren werden sich dann alle wieder ernsthaft anschauen, Gedenktage organisieren und sich treuherzig gegenseitig versichern, dass so etwas nie wieder passieren darf. Und das werden sie so lange tun, bis irgendjemand den IV. Weltkrieg startet. Aber nur, wenn im Ukraine-Krieg keiner der durchgeknallten Staatenlenker auf die Idee kommt, doch nukleare Waffen einzusetzen. Sollte das passieren, brauchen wir uns über einen eventuellen IV. Weltkrieg keine Gedanken mehr machen.

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