Einfach aussitzen wird dieses Mal nicht funktionieren

Während mehr als eine Million Franzosen gegen die geplante Rentenreform und die Regierung protestieren, ignoriert Präsident Macron diesen Sturm, der bereits auffrischt. So wird es allerdings nicht gehen.

So sieht sich Emmanuel Macron selbst. Damit steht er aber sehr allein da... Foto: Thomon / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Die Reaktion des französischen Präsidenten Emmanuel Macron auf die Demonstrationen am letzten Donnerstag, bei denen landesweit deutlich über eine Million Menschen der Kälte trotzten und ihrem Unmut über die geplante Rentenreform, aber auch über diese Regierung Ausdruck zu verleihen, fiel in die Kategorie „Thema verfehlt“. Den Präsidenten interssierte es nicht, dass sein Volk gegen ihn Sturm läuft – aus Barcelona ließ er verlauten, dass die Rentenreform ganz prima und unverzichtbar sei. Ende der Durchsage. Dass der Mann dabei ist, einen Aufstand zu provozieren, scheint er nicht zu verstehen. Mag sein, dass wenn er es vielleicht eines Tages endlich versteht, dass es dann zu spät sein wird.

Das napoleonische Gehabe dieses Präsidenten passt so überhaupt nicht ins Jahr 2023. Während in anderen Ländern ernsthaft darüber diskutiert wird, ob man die dortigen Monarchien nicht abschaffen soll, legt Macron das Verhalten eines Sonnenkönigs an den Tag, dessen Wort und Wille Gesetz ist und der mit Mißachtung auf den „Plebs“ herabblickt. Und zum „Plebs“ zählen für Macron alle, die weder Millionäre, Milliardäre oder Industriekapitäne sind. Das sind in Frankreich ziemlich viele Menschen.

Die Arroganz, die Macron an den Tag legt, läßt sich leicht erklären. Macron muss nicht politisch um diese Rentenreform kämpfen und diskutieren, da längst klar ist, dass er sie mit dem Paragraphen 49.3 durchsetzen wird, der ihm erlaubt, am Parlament vorbei zu regieren. Dieses zutiefst undemokratische Instrument sorgt dafür, dass Macron wie ein Monarch regieren kann. Und genau das tut er.

Dass ihm die Franzosen aus lauter Angst vor der Rechtsextremen Marine Le Pen ein zweites Mandat spendiert haben, wurde von Macron und seinen Hofschranzen völlig falsch interpretiert. Die Franzosen haben nicht etwa für ihn und ein Programm, sondern gegen Marine Le Pen gestimmt. Bei dieser Wahl hätte man auch Micky Maus gegen die Rechtsextreme aufstellen können und dann wäre eben Micky zum französischen Präsidenten gewählt worden.

Am 31. Januar wird der nächste landesweite Aktions- und Streiktag organisiert werden, wobei auch in der Zwischenzeit weitere Streiks möglich sind. Wenn Macron auf eine schwindende Beteiligung bei diesen Demonstrationen hofft (das Innenministerium, dem man sicher keine Sympathien für diese Proteste unterstellen kann, spricht von 1,12 Millionen Demonstranten), dann täuscht er sich. Die Stimmung ist derart aufgeladen, dass die Anzahl der Demonstranten von Aktionstag zu Aktionstag eher steigen wird, zumal es bei diesen Demonstrationen schon längst nicht mehr „nur“ um diese Rentenreform geht. Macron hat mit seinem feudalen Regierungsstil inzwischen das Vertrauen der Franzosen verspielt und bis auf ein paar „Jünger“, die Macron wie einem Heiligen folgen, unterstützt kaum noch jemand diesen Präsidenten, den die Franzosen nur deshalb gewählt haben, weil der Rest der Kandidaten genauso wenig in der Lage gewesen wäre, das Land durch die Krisen zu führen.

Dass Macron es für richtig hielt, die französische Gesellschaft zu spalten und den Extremisten in die Arme zu jagen, zeigt, wie realitätsfremd der Präsident inzwischen ist. Doch sollte man sich im Elysee-Palast dringend etwas einfallen lassen, denn selbst mit seinen Prätorianern wird Macron nicht sein gesamtes Volk in Schach halten können. Vielleicht hat ja einer seiner hoch bezahlten Berater eine Eingebung und schenkt dem Präsidenten endlich reinen Wein ein. Denn sollte sich Macron nicht dafür entscheiden, anders mit den Franzosen umzugehen, muss er damit rechnen, dass die Franzosen seine Herrschaft so beenden, wie sie das schon öfters in der Geschichte mit absolutistischen Herrschern getan haben…

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste