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Heute geht der „teilweise Lockdown“ in Deutschland los. Wie immer in 16 länderspezifischen Varianten. In den meisten anderen europäischen Ländern geht’s härter zu.

Sind Buchhandlungen "essentiell"? Ja, wie hier in Maastricht als Tempel des Wissens und der Erleuchtung... Foto: Bettina Miera / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Momentan schaut man ein wenig neidisch aus dem Elsass nach Deutschland. Klar, auch in Deutschland machen heute Kneipen und Restaurants dicht, doch der Rest des Lebens scheint weiterhin zu funktionieren. Wichtigste Vorgabe: soziale Kontakte vermeiden. Masken tragen. Hände waschen und nicht schütteln. Verglichen mit dem „Lockdown“ in Frankreich – ein nur minimaler Eingriff in Persönlichkeitsrechte, ein Versuch, die auch auf dem deutschen Rheinufer explodierenden Infektionszahlen einzudämmen. Das versuchen gerade alle Länder in Europa. Allein – Erfolg hatte bisher keine Methode.

Hier in Frankreich setzt man wieder auf die autoritäre Methode, die so ausgestaltet ist, dass die Menschen erneut diese Ausgangs-Genehmigungen ausstellen müssen, um arbeiten, in die Schule, einkaufen oder spazieren gehen zu dürfen. Die Polizei kontrolliert und wer keine solche Genehmigung vorweisen kann, oder seine Stunde Spaziergang überzogen hat oder keinen triftigen Grund für seine Präsenz an der frischen Luft darlegt, der zahlt 135 €. Beim zweiten Verstoß innerhalb von zwei Wochen kostet es 200 € und beim dritten Mal bis zu 3750 € und/oder sechs Monate Gefängnis. Hui!

Ansonsten ist momentan noch alles schwammig. Was darf man, was darf man nicht? Wer hat festgelegt, welche Geschäfte „essentiell“ sind und welche nicht? Warum darf der Apple Store geöffnet sein, nicht aber die Buchhandlungen gegenüber? Nach den Protesten der Buchhändler, die zu Recht anmerkten, dass die großen Einkaufszentren auf der grünen Wiese alle ihre Abteilungen offen lassen durften, auch ihre Buchabteilungen, wurden nun auch diese geschlossen. Also kann man nur noch im Internet bestellen. Soll man aber nicht, sagte gestern Premierminister Castex. Aha.

Und heute sind auch in Frankreich die Herbstferien vorbei und die Schülerinnen und Schüler müssen wieder in die Schule. Die Eltern können also zur Arbeit, die Kinder und Jugendlichen in die Schule, die Kantinen sind die einzigen Restaurationsbetriebe, die geöffnet sein dürfen und damit hat, trotz aller Schärfe des zweiten französischen „Lockdowns“, das Virus den ganzen Tag lang Zeit, sich munter weiter zu verbreiten, im Dreieck Schule – Arbeit – Familie. Aber abends wird dem Virus dann der Boden unter den Füssen weggezogen. Ob’s erfolgreich sein wird, das werden wir in ein paar Wochen wissen.

„Lockdown“ in Frankreich, „teilweiser Lockdown“ in Deutschland. Ein Unterschied wie Tag und Nacht. Und zum zweiten Mal darf ich den „Lockdown“ auf der französischen Seite erleben. Das wird spannend werden. Die Stimmung im Land ist gereizt, die Unzufriedenheit gärt, die psychologische Belastung durch das Virus und den zweiten landesweiten Stillstand wiegt schwer. Alle haben verstanden, dass Weihnachten dieses Jahr ausfällt. Niemand weiß, wie es weitergeht und wie lange dieser erneute Albtraum dauern wird. Wir werden es gemeinsam erleben.

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