Embedded (59)

Ganz Europa igelt sich ein. Verständlich, wenn man die Entwicklung der Infektionszahlen sieht. Die Frage ist nur, ob die „Teil-Lockdowns“ auch Ergebnisse zeitigen.

So menschenleer sieht es momentan in ganz Europa aus. Foto: Koffeeinist / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Tag 59. Ausgangssperre. Und zwar praktisch überall. Europa ächzt unter diesem Virus, das immer mehr Fahrt aufnimmt und in praktisch allen europäischen Ländern täglich neue Rekordzahlen liefert. Die Situation ist in der Geschichte der Menschheit einzigartig. Denn wann immer Pandemien um den Globus liefen, zogen diese von Region zu Region, doch selbst die Pest im Mittelalter betraf nicht gleichzeitig den ganzen Planeten. Dies ist, nach unseren Informationen, das erste Mal, dass eine Pandemie gleichzeitig die ganze Welt betrifft.

Das Virus hat gleich zwei Gänge hochgeschaltet. Die Zahlen sind beunruhigend. Hatte Angela Merkel noch vor wenigen Wochen ein Horrorszenario in den Raum gestellt („Mitte Dezember könnten wir 19.000 Neuinfektionen pro Tag erleben“), so ist dieses Szenario bereits sechs Wochen früher Realität geworden – vorgestern registrierte das Robert-Koch-Institut (RKI) 19.900 Neuinfektionen in Deutschland. Die Ereignisse überschlagen sich. Und nicht nur in Deutschland.

Aber noch vertreten praktisch alle Regierungen die Ansicht, dass sie die Krise besser managen als die anderen Länder. So auch der französische Gesundheitsminister Olivier Véran, der geradezu trotzig in die Kameras sagte „anderswo wird die Krise auch nicht besser gemanagt“. Na ja. Die Zahlen sprechen eine andere Sprache. Bis zum gestrigen Tag wurden in den verschiedenen europäischen Ländern folgende Infektionszahlen erhoben – nicht von einem privaten Institut, sondern vom „European Centre for Disease Prevention and Control“: Frankreich 1.543.321, Spanien 1.284.408, Großbritannien 1.099.059, Italien 790.377, Deutschland 597.583, Belgien 468.118, Polen 439.536, Niederlande 383.066, Tschechien 378.716, Rumänien 267.088, Portugal 156.940, Schweden 137.730, Österreich 125.229, Ungarn 94.916, Slowakei 66.772, Bulgarien 64.591, Irland 63.483, Kroatien 56.567, Dänemark 50.530, Griechenland 46.892, Slowenien 39.408, Norwegen 21.954, Luxemburg 20.344, Litauen 18.092, Finnland 16.930, Lettland 6.752, Malta 6.590, Estland 5.333, Zypern 5.100, Island 4.989 und Liechtenstein 673. Was nun Herrn Véran zu der Aussage bringt, dass Frankreich diese Krise besser managt als andere Länder, das könnte er vielleicht bei Gelegenheit einmal erklären…

Allerdings geht es jetzt auch nicht um die Frage, wer diese Situation am besten managt – bislang sind alle Versuche und Ansätze gescheitert, dieses Virus einzudämmen. Insofern hat niemand diese Krise „gut“ gemanagt.

Viel wichtiger als die Frage, wer nun der Corona-Champion ist, ist die Frage, wie wir alle zusammen aus dieser Katastrophe wieder herauskommen. „Teil-Lockdowns“ scheinen nicht die richtige Lösung zu sein. Wenn das Virus den ganzen Tag mehr oder weniger frei zirkulieren kann und die Menschen dann abends weggesperrt werden, dann bremst dies das Virus nicht so richtig. Denn leider tut es uns nicht den Gefallen, tagsüber inaktiv zu sein.

Der Versuch, gleichzeitig Gesundheit und Wirtschaft zu schonen, wird dazu führen, dass beides nachhaltig beschädigt wird. Wir werden uns von alten Denkmustern verabschieden müssen, wir werden neue Ansätze finden müssen. So, wie sich die Lage gerade entwickelt, sind wir noch nicht auf dem Weg zu einer Lösung. Wie diese aussehen könnte, steht leider noch in den Sternen. Und irgendwie werden wir das Gefühl nicht los, dass diese Serie noch eine ganze Weile laufen wird…

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