Embedded. Ausgangssperre, Tag 13. Der 13. Tag

Aus verschiedenen kultur-historischen Gründen wird die „13“ als Unglückszahl betrachtet. Aber das sollte man nicht übertreiben, die Corona-Krise reicht als Unglück bei weitem aus...

Tag 13... aber kein Freitag! Foto: Andre666 / Wikimedia Commons / PD

(KL) – Tag 13, Sonntag. Jetzt sind es schon fast zwei Wochen, dass nichts mehr in unserem Leben so ist wie vorher. Die Lage im Elsass verschärft sich immer weiter. In der Stille horche ich in mich hinein und höre dort dieses Drecksvirus kichern. Noch kichert es – und ich habe keine Ahnung, ob es bei einer Stippvisite bleibt oder ob das Ding gerade ausholt, um mir richtig eine ‘reinzusemmeln. Zu den nach wie vor leichten Symptomen ist die Kurzatmigkeit dazugekommen, kein gutes Zeichen. Bei jedem Einatmen spüre ich das Gewicht auf meiner Brust, präsent, wie eine Warnung, ohne, dass es mich am Atmen hindern würde, außer bei längeren Telefonaten. Ein sicheres Zeichen, wenn man beim Sprechen außerplanmäßige Atempausen einlegen muss. Na ja, abwarten.

Mitten im Krisen-Cluster Elsass sind wir sehr mit uns selbst beschäftigt. Keine Ahnung, wie es anderswo aussieht. Aber woanders scheint es auch anders zu sein. Ein Freiburger Richter postet ein Bild aus einer gemütlichen Beiz, von seinem Teller mit einem panierten Schnitzel und Bratkartoffeln nach Großmutter-Art, daneben ein Glas Bier. Sieht lecker aus. Ist es bestimmt auch. Aber wie kann es sein, dass nur wenige Kilometer von hier, auf der anderen Rheinseite, die Menschen noch in Restaurants gehen können und viele angeregt diskutieren, ob man nicht schleunigst die Ausgangssperre wieder aufheben soll? Der Mindestabstand von 1,5 Metern dürfte in dieser Beiz durchaus eingehalten werden, doch ist schon seit langem bekannt, dass sich die Mikro-Tröpfchen Speichel, über die das SARS-CoV-2 übertragen wird, in geschlossenen Räumen 45 Minuten lang in der Luft halten. Und da diese Mikrotröpfchen sehr leicht sind, schweben sie in der Luft. Und können prinzipiell jeden im Raum anstecken. Leichtsinn? Falsche Maßnahmen? Natürlich gönnt man dem Mann sein Schnitzel und Hand auf’s Herz, wer von uns würde nach fast zwei Wochen des Eingesperrtseins nicht auch so einen Teller und ein kühles Bier vor sich stehen haben? Aber was nützen so halbherzige Maßnahmen, wenn man dem Virus immer wieder Türen offen lässt, durch das es sich doch weiter verbreiten kann? Da muss man Angela Merkel schon dankbar sein, dass sie zunächst einmal die Aufhebung der Maßnahmen abgelehnt hat.

In unserem Eingesperrtsein verhalten sich die Menschen sehr unterschiedlich, erste Tendenzen zeichnen sich ab. Da gibt es immer noch die Viroskeptiker, so unglaublich das klingt, die sich über das Virus lustig machen und es als halb so schlimm abtun. Angesichts der Tausenden von Toten, alleine über 10.000 in Italien, ist diese Einstellung schon hart am Rande zum Schwachsinn angesiedelt. Dann gibt es die extrem Genervten, die lauthals fordern, die Ausgangssperre müsse aufgehoben werden. Diese Leute geifern den lieben, langen Tag in den Netzwerken und sorgen für eine angespannte, aufgeheizte Stimmung. Wieder andere befinden sich, obwohl sich die Pandemie immer noch erst in ihrer Anfangsphase in Europa, den USA und Afrika befindet, bereits in der politischen Analysephase, die von kruden Verschwörungstheorien bis zu interessanten Analysen benötigter Reformen reicht. Und dann gibt es erfreulicherweise auch die Ablenker, die Spieler, diejenigen, die versuchen, den anderen positiv die Zeit zu vertreiben.

Sehr kreativ – die einen starten Facebook-Ketten, bei denen die Menschen Kinderfotos von sich posten, die anderen organisieren Sprachspiele, bei denen man Dinge ergänzen, definieren oder sich ausdenken muss, und dabei sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Interessant zu sehen, dass wir in einer solchen Notsituation durchaus in der Lage sind, und kurzweilig zu beschäftigen, mit nichts anderem als unseren grauen Zellen oder ein paar alten, vergilbten Fotos.

Und so schaut halt jeder und jede, wie man halbwegs die Zeit herum bekommt. Der große Corona-Putz hat auch nach 13 Tagen nicht begonnen. Was soll’s, es bleiben ja noch ein paar Wochen. Tag 13. Mit einer Stunde weniger auf dem Konto, wegen der Zeitumstellung. Am Abend wird es eine Stunde länger hell bleiben. Was hier gerade allen herzlich egal ist…

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