Embedded. Ausgangssperre, Tag 44. Träumen ist angesagt.

Der Sommer kommt immer näher, doch dieses Jahr wird er wohl weitestgehend ausfallen. Nach elend langen Wochen der Ausgangssperre läuft alles auf „Urlaub in Balkonien“ hinaus...

Nächstes Jahr wieder? Foto: Eurojournalist(e) / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Das schöne Wetter der letzten Wochen war wie Hohn, angesichts der Tatsache, dass man nicht ‘raus konnte, dass viele lieb gewordene Gewohnheiten wie ein langes Wochenende am Meer oder der Besuch bei Freunden auf dem Land einfach ausfielen. Es wäre fair gewesen, wenn es die letzten sechs Wochen dauergeregnet hätte, bei miesen Temperaturen. Solches Wetter bekommen wir dann bestimmt, wenn das „Confinement“ vorbei ist. Bis dahin heißt es erst einmal träumen…

Gestern verlängerte die Bundesregierung die weltweite Reisewarnung bis Mitte Juni. Was das wirklich nötig? Reisen kann man ohnehin nicht. Ähnlich wie Deutschland haben viele Länder ihre Grenzen dicht gemacht, Hotels dürfen nicht zu touristischen Zwecken genutzt werden – wer will denn da wo und wie Urlaub machen?

Selbst der Urlaub im Landesinneren dürfte so gut wie unmöglich sein. Selbst, wenn die Mobilitäts-Beschränkungen in Frankreich aufgehoben werden sollten (Ministerpräsident Philippe hat davon gesprochen, dass man sich im Umkreis von 100 km bewegen kann, ohne dabei allerdings die Departementsgrenzen zu überschreiten), wer würde denn in Frankreich momentan Touristen aus dem Elsass empfangen?! Speziell in Gegenden, die bislang vom Virus verschont geblieben sind?

Dazu darf man nicht vergessen, dass sich viele Franzosen gar keinen Urlaub mehr leisten könnten, selbst wenn sie ihn antreten dürften. Die Wirtschaftskrise hat, wie auch in Deutschland, bereits begonnen. Da dürfte das Budget für Reisen und Vergnügungen das erste sein, das schrumpft.

Aber so oder so, mit Reisen ist es erst einmal auf lange Sicht vorbei. Und später im Jahr, wenn Reisen vielleicht wieder möglich werden, wie werden sich dann die Menschen begegnen? Wie werden meine Gastgeber an der geliebten niederländischen Nordseeküste auf ein französisches Nummernschild mit dem Kennzeichen „67“ für das Departement Bas-Rhin reagieren? Werden sie mich davon jagen? Die Reifen zerstechen? Der Rückzug in die vermeintliche Sicherheit des Nationalismus wird Auslandsreisen in nächster Zeit sehr schwer machen.

Franzosen und Italiener werden im Ausland als potentielle Virenschleudern betrachtet werden, Deutsche als unsolidarische Krisen-Profiteure. Die zur Selbstverständlichkeit gewordene Bewegungsfreiheit in ganz Europa wird nicht mehr so existieren wie zuvor, viele werden Menschen aus dem europäischen Ausland mit Misstrauen und Aggression begegnen.

In der Zwischenzeit bleibt uns nicht viel anderes übrig, als von vergangenen Urlauben zu träumen, alte Fotos anzuschauen, sich an Farben, Licht, Geruch, fremde Sprachen und fremde Küchen zu erinnern, und davon zu träumen, eines Tages an die Orte zurückkehren zu können, die uns ans Herz gewachsen sind. Tag 44, es verändert sich mehr, als einem lieb sein kann…

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