Embedded. Ausgangssperre, Tag 47. Macht doch, was ihr wollt…

Große Klasse – in Berlin, München, Hannover, Stuttgart, Pforzheim und vielen anderen Städten demonstriert eine seltsame Mischung von Zeitgenossen „für das Grundgesetz“. Na dann.

Oh ja, das Grundgesetz. Bilden wir ruhig neue Covid-19-Cluster. Hauptsache, wir dürfen einkaufen gehen. Foto: Almanaque Lusofonista / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Tag 47. Aus dem Elsass heraus betrachtet, sind die Demonstrationen in Deutschland gegen den „Lockdown“ ziemlich mi-mi-mi-mi. Der Lockdown auf der deutschen Seite hat nicht viel gemeinsam mit dem, was wir im Elsass seit 47 Tagen erleben. Zusammen mit Regionen wie der Lombardei oder der Region Madrid haben wir im Elsass so ziemlich das Heftigste bislang erlebt. Wir wissen, was Cluster auslösen können und dass man sich in Deutschland nun zu Clustern zusammenstellt, um den Lockout zu beenden, das ist schon, gelinde gesagt, seltsam.

Das Argument, mit dem eine bunte Mischung Links- und Rechtsextremer gemeinsam mit Organisationen wie dem „Demokratischen Widerstand“ angetreten sind, um gegen die Übernahme der Weltherrschaft durch Bill Gates, für die Sicherung der Grundrechte und zum Singen für das Grundgesetz antreten, ist einfach: Schluss mit dem Lockdown, beendet die Maßnahmen!

Dass wir gerade in einer Zeit leben, in der ein mörderisches, noch nicht einmal in seiner Wirkung vollständig erforschtes Virus Tausende, Zehntausende, Hunderttausende Menschen tötet, spielt bei diesen Demonstrationen keine große Rolle. Entweder ist man der Ansicht, dass es a) vorbei sei, b) nie stattgefunden hat, c) nicht so schlimm sei oder d) ohnehin nur Alte und Schwache dahinrafft. Alles OK. Wir leben in einer Demokratie und jeder darf denken und sagen, was er oder sie will. Schade nur, dass man bei diesen Demos, bei denen die Menschen zumeist dicht gedrängt „für das Grundgesetz“ demonstrieren, kaum Masken getragen werden und „Sicherheitsabstand“ ein Fremdwort ist. Dass viele dieser Demonstrationen „für das Grundgesetz“ von Menschen organisiert werden, die ansonsten ebenjenes zumeist mit Füssen treten, geschenkt. Ist ein anderes Thema.

Allerdings ist ein wenig ärgerlich, dass bei diesen Versammlungen Cluster des Virus gebildet werden, wie in Heinsberg, Mulhouse oder der Lombardei. Bei solchen Zusammenkünften wird nämlich das Virus verbreitet und das führt zur Clusterbildung. Vor allem, wenn man keinen Sicherheitsabstand einhält und keine Masken trägt.

Gebongt, wer meint, es sei vorbei oder es habe das Virus nie gegeben, der soll das ruhig denken, wie gesagt, wir sind in einer Demokratie. Dass man sich bei solchen Gelegenheiten das Virus einfangen kann, das ist dann eine erwachsene und freie Willensentscheidung, die man respektieren muss. Nur wäre es dann eigentlich fair und korrekt, zu solchen Anlässen ein Papier mitzuführen, auf dem stehen sollte: „Nach meiner freien Meinung ist die Gefahr durch das Virus SARS-CoV-2 gebannt / nicht existent / ein großer Betrug / unerheblich. Sollte der unwahrscheinliche Fall eintreten, dass ich mich dennoch infizieren sollte, dann übernehme ich die volle Verantwortung und verzichte darauf, mich ärztlich oder im Krankenhaus behandeln zu lassen.“ Über die Frage, wie korrekt es ist, bei solchen Versammlungen andere anzustecken, brauchen wir erst einmal nicht zu reden.

Tag 47, das „Modell Deutschland“ setzt alles daran, auf der Zielgeraden doch noch das Virus Breitseite abzubekommen. Das ist eben gelebte Demokratie und da diese Menschen ja Grundgesetz gegen Krankheit tauschen, kann man auch nicht meckern. Den Kopf schütteln darf man aber schon. Da sind wir in Frankreich doch aus einem etwas widerstandsfähigem Holz geschnitzt… Viel Glück, Freunde in Deutschland, bleibt gesund!

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