Embedded. Tag 3 – man richtet sich ein

In Frankreich herrscht nun seit 3 Tagen Ausgangssperre. Der Kampf gegen das Coronavirus hat begonnen. Ein seltsamer Kampf, vor dem Computer und auf dem Sofa.

Morgens mit Ausgangsgenehmigung in der Stille der Innenstadt von Strasbourg - unwirklich. Foto: Eurojournalist(e) / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Normalität ist das nicht. Noch lange nicht. Wir sind auch erst am Tag 3 der Ausgangssperre, einer Maßnahme, die niemand von uns bisher so erlebt hat. Ausnahmezustand. Eine Ahnung, wie es in den Kriegsgebieten der Welt sein muss, dort, wo „Ausgangssperrre“ noch etwas ganz anderes bedeutet als bei uns. Hier wird nicht gebombt, hier gibt es ausreichend Nahrungsmittel, hier gibt es Fernsehen, Internet, Zerstreuung. Aber auch, wenn das noch keine Normalität ist, so richtet man sich dennoch ein.

Die Passierscheine, um sich außerhalb der Wohnung zu bewegen, druckt man sich selber aus, füllt sie aus und muss sie dann dabei haben, wenn man draußen unterwegs ist. Zusammen mit einem Identitätsnachweis. Ansonsten kostet das 135 € Strafe. Wer keinen Drucker hat, kann das Formular auch von Hand auf Papier abschreiben. Das dauert allerdings ziemlich lange. Der Tabakhändler meines Vertrauens im Viertel verkauft die Blankoformulare. 10 Stück für 1,50 €, grade mal die Kopierkosten. „Viele alte Leute im Viertel haben keinen Drucker, ich kopiere die Formulare und gebe sie zum Preis der Kopien weiter.“ Nicht um Geld zu verdienen, sondern um den älteren Personen im Viertel das ewige Abschreiben abzunehmen, denn für jeden Gang nach draußen muss ein neues Formular ausgefüllt werden. Und die Regale sind beim Tabakhändler meines Vertrauens ebenso gut gefüllt wie immer. Beruhigend.

Wenn man frühmorgens zum kleinen Supermarkt geht, ist dieser fast menschenleer. Es gibt weder Versorgungsengpässe, noch Warteschlangen. Nur Klopapier ist alle. Warum nur hamstern die Menschen Klopapier? Einige der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen tragen Masken und Gummihandschuhe, andere nicht. So ganz haben wir uns noch nicht auf die neue Situation eingestellt.

Im staatlichen Fernsehen werden Unterrichtsstunden für die verschiedenen Altersklassen ausgestrahlt. Eine Erleichterung für die Eltern, die gerade auf Telearbeit umstellen und sich gleichzeitig um die Kinder kümmern müssen. Bei dem traumhaften Frühlingswetter eine echte Herausforderung, mit Kindern in der Wohnung zu bleiben. Aber das ist Ausgangssperre. Die Familien werden einen Mittelweg zwischen Schule am Bildschirm, Spielen, Familienleben finden müssen. Für die Kinder ist das hart – sie sind von einem Tag auf den anderen von ihren Freunden, Klassenkameraden, Sportverein-Kameraden und allem getrennt. Das mag die ersten Tage noch irgendwie als Spiel verkauft werden, aber wie gesagt, wir sind erst am Tag 3.

Seit heute hört und liest man auch, dass die Ausgangssperre wohl wesentlich länger dauern wird. Das dachten eigentlich auch schon alle, als Präsident Macron eine 15tägige Ausgangssperre verhängte. In zwei Wochen ist diese Viruskatastrophe mit Sicherheit nicht durch. Aber vermutlich wollte der Präsident nicht gleich den Holzhammer herausholen und 45 Tage ankündigen, wie es viele erwartet hatten. Wahrscheinlich wird diese Ausgangssperre erst am Ende der Osterferien beendet sein, Ende April. Wir werden es sehen.

Ach ja, die gespenstische Stille in der Innenstadt wird eigentlich nur abends um 20 Uhr durchbrochen. Da stehen die Menschen dann auf den Balkons oder an den Fenstern und klatschen eine Minute lang Beifall für die Ärzte, Krankenschwestern, Rettungssanitäter und anderen Hilfsberufe, die gerade für uns alle an der „Front“ stehen und selbst riesige Risiken eingehen, um anderen zu helfen. Jeden Abend werden es mehr. Ein Gänsehaut-Moment, zumal die Menschen in den Heil- und Pflegeberufen dieses abendliche Klatschen mitbekommen, sei es über die sozialen Netzwerke, sei es, weil sie mal eine der seltenen Pausen haben. Tag 3. Man richtet sich ein und die französische Nation rückt zusammen.

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