Emmanuel Macron kommt nicht nach Deutschland
Aufgrund der Unruhen in Frankreich verschiebt Präsident Macron seinen geplanten Besuch in Deutschland. Ein Zeichen dafür, dass es in Frankreich ziemlich düster aussieht.
(KL) – Normalerweise lässt sich Frankreichs Präsident Macron nicht sonderlich davon beeindrucken, wenn das französische Volk auf die Straße geht. Während der Millionen-Proteste gegen seine an den demokratischen Instanzen vorbei durchgeboxten Rentenreform, machte Macron mit seinen Ministern Stippvisiten in Holland, dann auch mal in Spanien und er zeigte seinen Landsleuten damit, dass ihm selbst die Proteste von Millionen Franzosen kilometerweit am Hinterkopf vorbeigingen. Doch momentan läuft die Lage in Frankreich derart aus dem Ruder, dass selbst 45.000 mobilisierte Polizisten nicht ausreichen, die gewaltsamen Krawalle der „Cités“ in den Griff zu bekommen. Folgerichtig hat Macron daher seinen geplanten Besuch in Dresden und Berlin abgesagt. Denn hätte er das nicht getan, hätte er nur weiter Öl ins Feuer gegossen, was zur Zeit nicht einmal für ihn ratsam ist, der so gerne seine Landsleute provoziert.
Jeden Abend brennen die Viertel der französischen Städte, werden Autos und öffentliche Gebäude angezündet, Geschäfte geplündert und kommt es zu immer brutaleren Auseinandersetzungen zwischen jugendlichen Randalierern und der Polizei. Aktuell kann niemand sagen, wie diese Situation beruhigt werden kann. Dabei ist das Entsetzen über den Tod eines 17jährigen Kleinkriminellen in Nanterre, der von einem Polizisten beim Versuch aus einer Polizeikontrolle wegzufahren erschossenen wurde, nur noch der Vorwand für die täglichen Unruhen. Viel spannender für die jugendlichen, teilweise kindlichen Randalierer sind die Wettbewerbe in den sozialen Netzwerken, in denen diese Randalierer ihre „Heldentaten“ posten und hoffen, für 5 Minuten nicht eine traurige Gestalt aus einem Problemviertel zu sein, sondern ein „Held“.
Inzwischen appelliert die gesamte Politiker-Kaste an die Eltern der Randalierer. Die einen drohen damit, die Eltern von verhafteten Randalierern mit Geldstrafen zu belegen, was eigentlich nur zeigt, dass diese Politiker nicht die geringste Ahnung haben, wie das Leben im Ghetto tatsächlich aussieht; die anderen versuchen, das Versagen der Politik der letzten 40 Jahre auf diese völlig überforderten Eltern abzuwälzen, die seit Generationen nichts anderes kennen als das Ghetto, die Zurückweisung der Gesellschaft und die Perspektivlosigkeit, gleich, wie viel sie investieren, um aus dem Ghetto und der Misere herauszukommen.
Dass Emmanuel Macron in dieser Situation ausnahmsweise auf eine Auslandsreise verzichtet, ist richtig. Man darf nicht vergessen, dass er die letzte Verantwortung dafür trägt, was im Land passiert. Und man darf auch nicht vergessen, dass seit 2018, also seit 5 Jahren, Frankreich in permanenter Auflehnung gegen diesen Präsidenten lebt. Warum der Mann dann 2022 für eine zweite Amtszeit wiedergewählt wurde? Weil die Menschen, die am meisten unter der Politik zu leiden haben, seit langem jedes Vertrauen in diese Kaste verloren haben und (leider) nicht wählen gehen.
Erst waren da ab 2018 die Gelbwesten, während der Pandemie schaffte es Macron, die Gesellschaft zu spalten, als er ziemlich vulgär erklärte, dass er „Lust habe, die Nichtgeimpften anzuscheißen“ („j’ai envie de les emmerder“), dann die Rentenreform, gegen die vier Monate lang Millionen von Franzosen protestierten und nun diese Eskalation der Gewalt der Vorstädte. Daran, dass Frankreich seit fünf Jahren in durchgehender Unruhe ist, kann Macron mit seinen permanent wechselnden und oft unfähigen Ministern nicht unschuldig sein. Hätte er nun seine Deutschlandreise aufrecht erhalten, wäre das in Frankreich als Desertation aufgefasst worden.
So muss nun der erste Besuch eines französischen Präsidenten seit 23 Jahren verschoben werden, was keine Katastrophe ist. Denn dass Deutschland und Frankreich noch zum „Motor Europas“ werden könnten, daran glaubt ohnehin niemand mehr. Die politischen Realitäten Europas und der Welt haben Paris und Berlin ins zweite Glied rutschen lassen und angesichts der Unfähigkeit der EU, eine Rolle in den aktuellen Krisen spielen zu können, ist es eigentlich egal, ob der präsidiale Besuch jetzt oder später stattfindet.
Aber wer weiß, vielleicht ist das ja der Wendepunkt der präsidialen Karriere des Emmanuel Macron und er fängt nach 6 Jahren endlich an, sich um die Angelegenheiten seiner Landsleute zu kümmern. Für einen Präsidenten wäre das ja mal gar keine schlechte Idee.
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