Emmanuel Macron stürzt Frankreich in eine schwere Krise

Frankreich brannte gestern Abend. Am Rande der riesigen Demonstrationen gegen die Rentenreform und den Präsidenten kam es zu Auseinandersetzungen, die nichts Gutes verheißen.

Diese Frage stellen sich die Bürgerinnen und Bürger der Republik - wo ist die Demokratie? Foto: Eurojournalist(e) / CC-BY 2.0

(KL) – Was ist das nur für ein Präsident, der seine Bevölkerung in Zeiten weltweiter und existentieller Krisen ohne Not noch in ein solches Chaos stürzt? Rund drei Millionen Menschen demonstrieren gestern zum achten Mal friedlich gegen die präsidiale Mißachtung der französischen Demokratie, wobei der Präsident mit seinem provokanten TV-Interview am Vortag die Atmosphäre noch weiter angeheizt hatte. Doch kam es am Rand der Demonstrationen zu Auseinandersetzungen zwischen „Black Blocks“ und der Polizei, bei denen weit über 100 Polizisten (die Anzahl steigt stündlich) und eine deutlich höhere Anzahl Demonstranten (die Anzahl steigt auch stündlich) verletzt wurden. Diese harten Auseinandersetzungen fanden nicht nur in Paris, sondern überall in Frankreich statt. Doch Macrons Hoffnung, die Proteste würden abflauen, wenn er seine Reform am Parlament vorbei durchgemogelt habe, dürfte enttäuscht werden – Frankreich schwenkt dank seines Präsidenten in eine Phase dramatischer Konflikte ein.

Es hätte Dutzende Möglichkeiten gegeben, die Situation zu beruhigen, stattdessen schickte er erst seine Premierministerin Elisabeth Borne vor, die in einer Fragestunde im Parlament am Dienstag die Parlamentarier und damit die Franzosen mit ihrem eitlen Gerede von ihrem „Sieg“ provozierte, bevor ihr Boss am Mittwoch in seinem TV-Interview noch einen draufsetzte und die Franzosen, die auf der Straße ihren Protest ausdrücken, erneut beleidigte. Er hätte auch, angesichts der riesigen Proteste, seine Rentenreform erst einmal aussetzen und dann einer Debatte mit den Sozialpartnern unterziehen können. Doch Macron hat nicht das geringste Interesse daran, die Situation zu beruhigen. Ähnlich wie in der Pandemie ist es Macrons Taktik, seine Macht zu sichern, indem er die verschiedenen Bevölkerungsgruppen Frankreichs gegeneinander aufhetzt. Das allerdings ist nicht die Qualität eines großen Staatsmanns wie Winston Churchill, sondern die Handschrift eines Brandstifters wie des römischen Kaisers Nero.

Die Bilder aus Paris, aber eben auch aus ganz Frankreich, sehen nach Volksaufstand aus. Und da Emmanuel Macron kein Vollidiot ist, dem nicht klar war, dass das Pulverfass explodiert, wenn er ein Streichholz daran hält, muss man davon ausgehen, dass der Präsident genau diese Entwicklung provozieren wollte, um in der Folge den Franzosen die Daumenschrauben noch weiter zuzudrehen. Doch erneut die Frage: Was ist das für ein Präsident, der seine Bevölkerung in Zeiten von Weltkrisen in eine solche nationale Krise stürzt, die ziemlich einfach hätte vermieden werden können?

Bereits für den nächsten Dienstag sind die nächsten Großdemonstrationen der Gewerkschaften angesagt. Doch bis dahin wird es weiterhin täglich spontane Demonstrationen mit ganz anderen, weitaus weniger friedlichen Teilnehmern geben. Die „Black Blocks“, denen es nicht um die Rentenreform, nicht um die Demokratie und nicht um den gesellschaftlichen Zusammenhalt geht, haben dank Macron wieder Rückenwind und zwischen den Demonstrationen und Streiks der Gewerkschaften wird Frankreich permanent solche nächtlichen Jagdszenen wie gestern erleben.

Vor lauter Angst, dass seine nicht ausgegorene Rentenreform im Parlament angelehnt wird, hat Macron seinem Volk den Fehdehandschuh hingeworfen. Vermutlich hoffte er, dass die Franzosen diesen Handschuh nicht aufheben. Doch genau das ist jetzt passiert. Wer weiß, vielleicht kann Macron seine Rente ja auf St. Helena genießen…

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