Emmanuel Macrons Nachfolger steht schon bereit

Während laut Umfragen viele Französinnen und Franzosen ihren Präsidenten für die vielen politischen Fehler der letzten zwei Jahre verantwortlich machen, hat sich ein potentieller Nachfolger positioniert – Edouard Philippe.

Premierminister Edouard Philippe hat seinen Chef, Präsident Macron, in den Umfragen deutlich überholt. Foto: ScS EJ

(KL) – Jetzt wird es eng für Emmanuel Macron, der vor einer politischen Denkaufgabe steht. Kurz vor der Runderneuerung seines Kabinetts muss der französische Präsident feststellen, dass sein Premierminister Edouard Philippe alle anderen Regierungsmitglieder an Popularität weit überholt hat, ihn selbst Chef inklusive. Das engt nun Macrons Spielraum für die zweite Hälfte seiner Amtszeit stark ein.

Lange war diskutiert worden, ob Macron seinen Regierungschef beim anstehenden Stühlerücken in Paris über die Klinge springen lassen würde. Doch kann es sich der auch durch die desaströsen Ergebnisse seiner Kandidat*innen bei den OB-Wahlen schwer angeschlagene Macron überhaupt noch leisten, seinen besten Mann vor die Tür zu setzen? Sicher nicht und im Gegenteil, Macron sollte sich davor fürchten, dass Edouard Philippe den Krempel hinwirft und in Ruhe seine eigene Kandidatur für die Präsidentschaftswahl 2022 vorbereitet.

Am Sonntag wurde Edouard Philippe mit klaren 58 % der Stimmen als Bürgermeister von Le Havre bestätigt. Der Mann ist aufgrund seiner ruhigen und überlegten Art bei seinen Landsleuten beliebt und für viele ist er der letzte in einer höchst seltsamen Regierung, dem man noch vertrauen kann. Wenn überhaupt jemandem.

In den Umfragen, wem die Franzosen und Französinnen zutrauen, „Frankreich neu zu erfinden“ (eine Ansage, die Präsident Macron bei praktisch jeder TV-Ansprache herunter betet), liegt Edouard Philippe einsam an der Spitze, während sein Chef auf einem laschen neunten Platz herumdümpelt, sogar hinter dem nicht gerade sonderlich beliebten Ex-Präsidenten Nicolas Sarkozy oder auch dem „Wunderdoktor“, dem umstrittenen Professor Raoult aus Marseille, obwohl dieser gar nicht aktiv in der Politik engagiert ist. Der politische Untergang Emmanuel Macrons hat längst begonnen, inzwischen diskutiert man offen über seine Nachfolge.

Edouard Philippe hat auf jeden Fall sehr gute Karten. Er ist es, der über eventuelle Neubesetzungen in der Regierung entscheiden wird, er ist es, der sich entweder für eine Verlängerung seines Mandats als Premierminister oder für eine Kandidatur bei der nächsten Präsidentschaftswahl entscheiden wird.

Frankreich schaut gerade mit großen Augen auf Paris und die großen Städte des Landes. Viele werden sich plötzlich bewusst, dass sie auf das falsche Pferd gesetzt haben, als sie ihre Parteien in der Hoffnung verlassen haben, bei „La République en Marche“ tolle Karrieren machen zu können. Den Absturz von LREM machen die Französinnen und Franzosen allerdings nicht an Edouard Philippe fest, sondern eindeutig an Emmanuel Macron. Ob Edouard Philippe seinem Chef die Treue hält und mit ihm untergeht oder ob er die ganze politische Szene Frankreich in die Tasche steckt, das werden schon die kommenden Wochen zeigen. Spannung auch weiterhin garantiert…

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