Emmanuel Macrons nächste Rentner-Band
Die gestern vorgestellte neue französische Regierung ist eine höchst seltsame Kombination aus älteren Herren, stramm Rechten und ein paar linken „Verrätern“. Das wird wieder nichts.

(KL) – Die „Stabilität“, die sich Präsident Macron angeblich für Frankreich wünscht, zeigt sich nur darin, dass jede neue Regierung von seinen Gnaden noch schlimmer aussieht als die vorige. Doch auch die vierte Regierung im letzten halben Jahr (!), die Macron nach ewig langen Überlegungen berufen hat, wird kaum Überlebenschancen haben. Denn auch diese Regierung ist auf das Wohlwollen der Rechtsextremen angewiesen. Bereits vor François Bayrous Amtsantritt zeigt sich, dass auch er, der insgesamt sechste Regierungschef des seltsamen Präsidenten, eine Fehlbesetzung ist.
Ganz offensichtlich geht es Emmanuel Macrons in erster Linie darum, Frankreichs Linke zu vernichten. Dafür unterwirft er sich sogar dem rechtsextremen Rassemblement-ex-Front National, das dafür sorgte, dass nicht etwa Xavier Bertrand das Justizressort erhielt, was eigentlich geplant war. Dafür überraschte gestern die Bekanntgabe des neuen Kabinetts – eine Mischung aus rechten „Falken“, den ewig gleichen „Macronisten“ und zwei „Verrätern“ der Linken, die nun als „Feigenblatt“ für die geradezu lächerliche Aussage herhalten müssen, es handele sich um eine „ausgewogene Regierung mit Kräften der Linken, des Zentrums und der Konservativen“. Nicht nur, dass das nicht im Entferntesten stimmt, dazu muss man festhalten, dass die Rechtsextremen, die nicht nur die nächsten Parlamentswahlen, sondern auch spätestens 2027 die nächsten Präsidentschaftswahlen gewinnen werden, bereits heute die Politik Frankreichs bestimmen.
Macron, der einst Minister unter dem Sozialisten François Hollande war, muss in dieser Zeit ein Trauma erlebt haben, das er bis heute nicht verarbeitet hat, und für das er sich immer noch zu rächen müssen glaubt. Um Frankreichs Linke zu vernichten, überlässt er das Land sogar den Rechtsextremen, obwohl er immer behauptet hatte, er würde die Rechtsextremen bekämpfen. Heute sieht man, dass Macron der beste Wahlhelfer der Rechtsextremen ist und es ist geradezu dramatisch, was dieser Mann mit Frankreich anstellt.
Im neuen Kabinett findet man sogar den unsäglichen Manuel Valls wieder, den ersten „Verräter“ der Sozialisten, den Mann, der überall dort Wahlen verloren hat, wo er als Kandidat antrat. Zur Belohnung dafür, dass die Franzosen ihn seit Jahren nicht mehr in einem politischen Amt sehen wollen, erhält er nun wieder einen Ministerposten, wobei die „Macronisten“ nicht müde werden zu betonen, dass Valls eigentlich ein „Linker“ sei, was wie ein Märchen aus 1001 Nacht klingt. Gleiches gilt für die vorvorvorletzte Regierungschefin Elisabeth Borne, die zwar auch in grauen Vorzeiten mal „links“ war, dann aber zu einer treuen „Macronistin“ mutierte und in ihrer Amtszeit die von rund 90% der Franzosen abgelehnte Rentenreform am Parlament vorbei mit dem Artikel 49.3 durchboxte. Die Reizfigur Elisabeth Borne ist ebenso wenig „links“, wie sie Fußballprofi ist. Auch der frühere Bürgermeister von Dijon, François Rebsamen, war einstmals Sozialist, bevor er bei der ersten sich bietenden Gelegenheit zu den „Macronisten“ wechselte und dafür nun einen Ministerposten erhielt. Interessant ist übrigens, dass Rebsamen in den sieben Jahren der „Macronie“ bereits der 170. Minister in der sechsten Regierung ist – Macron wechselt seine Minister, wie andere das Hemd…
Dazu sitzen im neuen Kabinett die üblichen Verdächtigen vom rechten Flügel der Konservativen wie der „Falke“ Bruno Retailleau, der das Innenministerium behalten darf und bei dem man sich immer fragt, warum er eigentlich bei „Les Républicains“ und nicht beim Rassemblement-ex-Front National ist. Oder auch die Kultusministerin Rachida Dati, die im französischen Parlament ebenso wie in ihren Jahren als Europaabgeordnete vor allem dadurch auffällt, dass sie nur selten bei den Sitzungen ist, dafür aber offenbar über jeden Politiker in Frankreich belastende Dossiers besitzt, so dass sie immer wieder an die interessanten Posten kommt. Und auch der unbeliebte frühere Macron-Innenminister Gérald Darmanin ist wieder aus der Versenkung aufgetaucht und bekommt als Weihnachtsgeschenk das Justizministerium.
Der einzige elsässische Minister in der letzten Regierung Barnier ist nicht mehr in der neuen Regierung vertreten, was bedauerlich ist, denn Patrick Hetzel, zuletzt Minister für Forschung und höhere Bildung, wurde nicht mehr berücksichtigt, was bedeutet, dass das Elsass einmal mehr nicht in der Regierung vertreten ist.
Diese neue Regierung ist nicht etwa eine Mitte-Rechts-Regierung und auch nicht wie unter Barnier eine Mitte-Rechts-Rechts-Regierung, sondern eine Rechts-Rechts-Regierung. Problem – diese Regierung wurde von den Franzosen im letzten halben Jahr gleich viermal abgestraft und abgewählt, doch der französische Präsident schert sich nicht um demokratische Wahlergebnisse, sondern einzig und allein um den Machterhalt seiner längst gescheiterten „Macronie“. Frankreich wird inzwischen so gemanagt wie Ungarn und die Frage steht im Raum, wie lange das gutgehen kann.
Diese nächste Regierung hat nur eine einzige Chance, den Monat Januar zu überstehen – sie muss sich den Rechtsextremen unterwerfen und eine Politik führen, die mehr oder weniger dem Programm der Rechtsextremen entspricht. Denn angesichts der Tatsache, dass auch die neue Regierung über keinerlei Mehrheit im Parlament verfügt und folglich jederzeit gestürzt werden kann, muss sie sich das Wohlwollen der rechtsextremen Marine Le Pen sichern und wie man sieht, hat diese Unterwerfung bereits begonnen – die Zusammensetzung der neuen Regierung musste von Marine Le Pen abgesegnet werden, die auch Einspruch beispielsweise gegen die Berufung von Xavier Bertrad einlegte, woraufhin dieser auch sofort aus dem neuen Kabinett gestrichen wurde.
Die „linken“ Parteien sollten sich hüten, irgendwelche „Deals“ mit der neuen Regierung Bayrou einzugehen, denn diese Regierung wird nicht lange im Amt bleiben und sollten linke Parteien wie die PS diese neue, ultrarechte Regierung dulden oder gar unterstützen, hätte Macron sein Ziel erreicht und Frankreichs Linke auf lange Jahre unwählbar gemacht.
Nun kann man nur hoffen, dass Frankreich eines Tages den Weg zurück zur parlamentarischen Demokratie findet und den Irrweg der parlamentarischen Monarchie wieder verlässt. Denn auch, wenn Emmanuel Macron vom Gegenteil überzeugt ist, so ist Frankreich keine Monarchie, auch, wenn das Land momentan genauso geführt wird. Ein Hoffnungsschimmer für den neuen Regierungschef François Bayrou – vor seinem Amtsantritt wird der Mann „nur“ von 70 % der Franzosen abgelehnt. Und damit ist er deutlich „beliebter“ als der Präsident, der sich weiterhin an seinem Thron festklammert, obwohl ihn die Franzosen am liebsten nach St. Helena in Rente schicken würden…
Kommentar hinterlassen