Endlich mal was Vernünftiges…

SPD-Chefin Andrea Nahles will Sanktionen gegen junge Hartz 4-Empfänger abschaffen. Endlich mal eine gute, nützliche und sozialdemokratische Idee!

Wenn diese jungen Leute keinen Job finden, sollten sie dafür nicht noch bestraft werden. Foto: Christian Pulfrich / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Junge Hartz 4-Empfänger sind ein schwieriges Publikum für die Job-Center, in denen ihre Sozialhilfe, vulgo Hartz 4, verwaltet wird. Und sie sind schlechter gestellt als ältere Arbeitssuchende, denn sie werden deutlich schneller sanktioniert, wenn sie sich nicht völlig regelkonform verhalten. So reicht es, einen der Frühtermine beim Jobcenter zu verpassen, um beispielsweise für alle Bezüge gesperrt zu werden. Das will aber SPD-Chefin Andrea Nahles jetzt ändern. Und sie hat völlig Recht.

Denn wenn jemandem „Hartz 4“ gestrichen wird, sei es nur für einen kurzen Zeitraum, so ist dies eine Einladung, sich kriminell zu verhalten. Andrea Nahles: „Die kommen nie wieder in ein Jobcenter, das führt zu zahlreichen unqualifizierten Jugendlichen und die erreichen wir dann nicht mehr“. Dies ist eine absolut realistische Einschätzung, die anhand zahlreicher Fälle aus der Praxis überprüft werden kann.

Gewiss, das Konzept „fordern und fördern“ hat seine Berechtigung, doch hat diese Berechtigung auch ihre Grenzen, vor allem dort, wo es keine vernünftigen Angebote für diese in ihrem Lebenslauf bereits gefährdeten jungen Leute gibt. Die „Disziplin“, die von Hartz 4-Empfängern gefordert wird, nämlich alle paar Tage zu einem Termin (gerne um 7h30 oder 8 h) anzutreten, bei dem ein völlig überforderter Job Center-Mitarbeiter nicht viel mehr machen kann als mit den Schultern zu zucken, nützt niemandem. Die Bestrafung, wenn ein solcher Termin nicht eingehalten wird, geht ins Leere und führt zur Kriminalisierung der betroffenen Personen.

Dazu kommt, dass die Job Center in vielen Fällen einfach nur versuchen, die zahlreichen Qualifizierungsprogramme an den Mann oder die Frau zu bringen, unabhängig davon, ob die entsprechenden Maßnahmen tatsächlich die Chancen auf dem Arbeitsmarkt erhöhen. Viele Arbeitssuchende werden in den verschiedensten Programmen „geparkt“, denn diese Maßnahmen bringen den Mitarbeitern des Job Centers Punkte, denn jeder Arbeitssuchende, der in einer solchen Maßnahme untergebracht wird, verschwindet erst einmal aus den Arbeitslosen-Statistiken. Ob die Maßnahme dem Arbeitssuchenden etwas bringt, ist nebensächlich. Und – wer sich weigert, an einer solchen Maßnahme teilzunehmen, kann ruck-zuck seine Bezüge verlieren.

Der Vorschlag von Andrea Nahles, diese Praxis zu beenden und junge Menschen nicht weiter dafür zu bestrafen, dass sie arm sind, ist erfrischend richtig. Armut ist ein gesellschaftliches Problem, das man nicht mit Strafen, sondern nur mit sinnvoller Unterstützung lösen kann. Dabei wäre es im Grunde konsequent gewesen, hätte Nahles gleich das bedingungslose Grundeinkommen auf die Agenda gesetzt. Denn es macht mehr Sinn, Armut zu bekämpfen als Armut zu verwalten.

Nachdem sich die SPD seit zwei Legislaturperioden vor allem als Mehrheitsbeschaffer für Angela Merkel und die CDU aufgeführt hat, könnte dies ein erster Schritt zurück in Richtung einer sozialdemokratischen Politik sein. Entdeckt die SPD gerade, wo ihre traditionelle Wählerschaft sitzt? Will sich die SPD wieder verstärkt um die Anliegen der „kleinen Leute“ kümmern. Ist das der Auftakt zu einer neuen, „linken“ Politik? Oder ist es nur die Antwort auf den Versuch von Wagenknecht/Lafontaine, eine „linke“ Sammelbewegung ins Leben zu rufen? Wir werden es bald erfahren – aber der Vorschlag von Andrea Nahles und der SPD sollte schnellstmöglich umgesetzt werden. Armut ist bereits eine Strafe und muss folglich nicht weiter bestraft werden. Man darf gespannt sein, ob sich die SPD-Chefin mit dieser guten Idee durchsetzen kann.

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