Endlich vorbei

Die schlimmste Fußball-WM aller Zeiten ist vorbei. In Katar wurden Korruption, Verletzung von Menschenrechten und die Vermischung von Politik, Sport und Big Business hoffähig gemacht.

Brot und Spiele - beim Rendez-vous mit den Autokraten der Welt wollen alle dabei sein. Wie Präsident Macron, der den Superstar des Turniers tröstet. Foto: ScS EJ

(KL) – Gianni „Nero“ Infantino dürfte mit seiner Meinung, dass Katar 2022 „die tollste WM aller Zeiten“ war, ziemlich alleine dastehen. Denn diese WM war der Gipfel schlechthin. Korruption, Mißachtung grundlegender Menschen-, Frauen- und Arbeiterrechte, eine geradezu widerliche Vermischung von Politik, Big Business und Sport. Dabei hat Katar enorme Summen für die Manipulation der Bilder investiert, von Bestechungsgeldern für Politiker bis zu bezahlten „Fans“, die ins Land geflogen wurden, um eine möglichst authentische Stadionatmosphäre zu schaffen.

Mitten im Winter eine WM im aufgeheizten Wüstensand, in extra gebauten Prunkstadien mit gigantischen Klimaanlagen, darauf muss man erst einmal kommen. Tausende von rechtlosen Arbeitern, die in der sengenden Hitze der Baustellen ums Leben gekommen sind. Mittelalterlich anmutende „kulturelle Codes“, die Frauen, Ausländern, Arbeitern und Minderheiten die grundlegendsten Rechte vorenthalten und die Welt hat mitgespielt. Bis auf die Italiener. Die sind erst gar nicht nach Katar gefahren.

Die katarischen Gastgeber, die FIFA und all diejenigen, die seit geraumer Zeit Katar über den grünen Klee loben und von „Fortschritten“ schwafeln, die es gar nicht gibt. Doch wer meint, dass der Fußball mit dieser schändlichen WM das Schlimmste hinter sich hat, der täuscht sich. Besoffen von seiner Macht und seinen schier unbegrenzten finanziellen Möglichkeiten, wird Gianni „Nero“ Infantino alles daran setzen, den Fußball so lange zu melken, bis er vor Milliarden platzt, der Fußball aber jeden Reiz verloren hat.

Neue Wettbewerbe plant der FIFA-Chef, mehr TV-Zeiten, mehr Geld für Fernseh-Rechte, 48 Teams bei den nächsten Weltmeisterschaften, damit es mehr Übeertragungszeiten gibt, an denen die FIFA noch mehr verdienen kann – und trotz des Ausverkaufs aller „Werte“ des Sports stellt sich niemand Infantino in den Weg. Ohne Gegenkandidat wird er demnächst für eine weitere Amtszeit an der Spitze des wohl korruptesten Sportverbands bestätigt und so lange man ihn machen lässt, wird er den Fußball weiter pervertieren und zum Kommunikations-Instrument für Diktatoren, Autokraten und andere Schurken machen.

Die Lebensbedingungen der Wanderarbeiter in den Golfstaaten werden sich nicht verbessern, diese WM wird die Welt nicht zu einem besseren Ort gemacht haben, Sportler und deren Familien wurden mit schlimmsten Folgen bedroht, wenn die iranischen Kicker nicht inbrünstig die Nationalhymne mitsingen würden, das politische Gewicht drohte diese WM zu ersticken. Selten wurden Sportler, Journalisten, Zuschauer so gegängelt wie in Katar.

Doch heute ist alles anders. Die WM ist vorbei und nun werden sicherlich alle diejenigen, die seit Wochen das Hohelied Katars singen, wieder das Thema Menschenrechte für sich entdecken und bestimmt wieder mit Inbrunst die Einhaltung derselben einfordern. Nachdem sie aber so lange die Apologie des katarischen Regimes betrieben haben, werden sie es schwer haben, ernstgenommen zu werden.

Schon im Frühjahr plant Infantino seine nächsten Coups – und die Menschen werden weiterhin nur zusehen, alles prima finden und sich weiterhin zu Statisten im großen Spiel von Macht, Geld, Interessen und Korruption machen. Denn ohne Zuschauer funktioniert die ganze Geschichte nicht. Doch das wollen die Zuschauer nicht wahrhaben. Seit über 2000 Jahren klappt das wirklich hervorragend: Brot und Spiele. Und daran wird sich wohl kaum etwas ändern.

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