Endlose Debatten um den „Burkini“

Die grüne Stadtregierung von Grenoble hat sich durchgesetzt: Ab Anfang Juli darf frau in öffentlichen Schwimmbädern den „Burkini“ tragen und oben-ohne schwimmen. Die Debatte wird immer seltsamer.

In Grenoble betrachtet man die Ganzkörper-Badekleidung als "hygienischer" als Badeshorts... Foto: Myousry6666 / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Es ist schwer zu verstehen, worauf die grüne Stadtregierung von Grenoble unter ihrem Bürgermeister Eric Piolle hinaus will. Während einerseits Badeshorts „aus hygienischen Gründen“ verboten bleiben, wird nun die Ganzkörperbekleidung, der „Burkini“, in den öffentlichen Schwimmbädern erlaubt. Dazu aber auch das oben-ohne-Schwimmen. Logisch oder gar konsequent ist das nicht, vielmehr aber ein Kniefall vor einer Unsitte, die eigentlich überflüssig ist. Denn wenn schon das Tragen einer Short im Schwimmbad als „unhygienisch“ betrachtet und folgerichtig verboten wird, warum wird dann eine deutlich unhygienischere Ganzkörperbekleidung erlaubt? Weil man die Unterdrückung der Frauen am Ende doch gutheißt?

Die kontroverse Debatte im Stadtrat von Grenoble spaltete die Bevölkerung. Sogar 13 Mitglieder der grünen Stadtregierung stimmten gegen den Vorschlag, der am Ende knapp mit 29 gegen 27 Stimmen angenommen wurde. Dass die Grünen mit solchen seltsamen Entscheidungen wieder einmal die ohnehin schon starken Rechtsextremen weiter stärken, erkennen sie wohl nicht. Dabei ist die Argumentation von Eric Piolle mehr als bizarr.

Für den Bürgermeister von Grenoble ist die den muslemischen Frauen von muslemischen Männern aufgezwungene Badekleidung „der Kampf, damit man aufhört, den Körper von Frauen mit Verboten zu belegen“. Dabei ist der „Burkini“ das exakte Gegenteil dessen, was Piolle erreichen will. Außerdem meint Piolle, dass der „Burkini“ der Ausdruck gelebter Laizität sei, da „kein Gesetz das Tragen religiöser Kleidung in der Öffentlichkeit verbietet“. Vielleicht sollten die Freunde von Badeshorts ihre Shorts als Ausdruck eines religiösen Tragegefühls deklarieren, dann würden sie nicht länger verboten werden.

Aber in den Schwimmbädern von Grenoble wird es künftig spannend zugehen, wenn „Burkini“ tragende Frauen ihren Männern zuschauen, die den Mädels nachschauen, die oben-ohne unterwegs sind. Dabei wäre Hinterherschauen noch die friedlichere Variante – an vielen französischen Stränden werden Frauen, die oben-ohne unterwegs sind, von fundamentalistisch verstörten Fanatikern angegriffen und beleidigt, die gleichzeitig ihre Frauen vollverpackt ins Wasser schicken. Aber das wird man in Grenoble sicherlich noch merken, dass es vielleicht nicht das Schlauste war, die Badeordnung in den Schwimmbädern der Stadt nur auf die Wünsche einer Kundengruppe zuzuschneiden, die gerne mittelalterliche Regelungen durchsetzen will. Dass der „Burkini“ der Ausdruck weiblicher Selbstbestimmung sein soll, da muss man erst einmal drauf kommen.

Mit dieser höchst seltsamen Entscheidung befeuert Eric Piolle die Befürchtungen, mit denen die Rechtsextremen hausieren gehen. Die angegebenen Gründe sind nicht nur fadenscheinig, sondern geradezu lächerlich. Aber so wird es zu einer weitere, noch tieferen Spaltung der Gesellschaft führen und diese wird von Eric Piolle ohne Not initiiert worden sein. Dass diese Entscheidung vier Wochen vor den Parlamentswahlen durchgeboxt worden ist, muss man schon fast als Aufforderung verstehen, für rechtsextreme Kandidaten zu stimmen, um diesen Blödsinn zu stoppen. Es könnte gut sein, dass das Abenteuer „Grün“ in Grenoble schneller wieder vorbei ist als gedacht…

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