Erdogan – ein weiterer Unsicherheitsfaktor

Dre türkische Präsidial-Diktator blockiert die Aufnahme Schwedens in die NATO. Grund dafür sind schwedische Rechtsextreme, die einen Koran verbrannt haben. Und Putin lächelt still vor sich hin.

Recep Tayyip Erdogan - eine immer grössere Belastung für die NATO. Foto: Kremlin.ru / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Recep Tayyip Erdogan weiß wieder einmal nicht, wo er eigentlich steht. Klar, er steht immer dicht bei sich selbst und den Interessen seines undurchsichtigen Familien-Clans, doch wo der Mann und damit auch sein Land in den vielen Krisen dieser Welt steht, das weiß er nicht. Am liebsten wäre er der Freund aller, doch vor lauter Nach-Freunden-Suchen will niemand mehr wirklich mit ihm spielen. Und dass ausgerechnet er darüber entscheiden kann, ob Schweden (und letztlich auch Finnland) in die NATO eintreten darf oder nicht, das ist ein Treppenwitz der Geschichte.

Dabei hatten sich die Schweden doch schon vor dem Machthaber am Bosporus hingekniet und mehrere Kurden, die Erdogan pauschal als „Terroristen“ verfolgt, an die Türkei ausgeliefert, ein schlimmer Sündenfall des einstmals neutralen Landes, in dem früher Menschenrechte noch groß geschrieben wurden. Doch jetzt treibt die Angst vor Putin auch die Schweden und die Finnen in die NATO, um im Fall einer Ausweitung des Ukraine-Kriegs unter dem Schutz des Bündnisses zu stehen. Doch Recep Tayyip Erdogan spielt lieber den starken Mann, was wenig verwunderlich ist, muss sich doch der immer unbeliebtere Präsident demnächst Wahlen stellen, bei denen er erfahrungsgemäß besser abschneidet, wenn er zuvor die Europäer am Nasenring durch die Manege führt. Das kommt in der Türkei bei den Wählern gut an, denn dass die EU seit 25 Jahren mit der Türkei Scheinverhandlungen über einen eventuellen EU-Beitritt führt, von denen jeder weiß, dass sie nie zu einem Ende kommen werden, das haben die Türken nicht vergessen. Und ein Präsident, der den Europäern so konsequent den Mittelfinger hinhält, das hat in den Augen vieler Wähler Format und bringt Prozentpunkte.

Den Finnen wird es jetzt zu bunt, weiter darauf zu warten, wie sich die Lage zwischen Schweden und der Türkei entwickelt und sie würden am liebsten sofort Mitglied der NATO werden. Nachvollziehbar für ein Land, das eine 1300 km lange Landgrenze zu Russland hat. Nur, Erdogan hat die diesbezüglichen Gespräche für beide skandinavischen Länder auf Eis gelegt. Dass die russlandfreundliche und NATO-feindliche Haltung Erdogans ohne jede Konsequenzen für die Türkei bleibt, ist unglaublich. Eigene Lieferverträge für russische Energieträger, eine unklare Position gegenüber dem, was vom „Islamischen Staat“ noch übrig ist, Gepoker in der Frage der Flüchtlinge, ein brutaler Krieg gegen die Kurden, massive Verstöße gegen Menschenrechte – und irgendwie schafft es Erdogan, aufgrund der geopolitischen und geostrategischen Lage seines Landes mit allem durchzukommen.

Für Finnland und Schweden, zutiefst europäische Länder, ist die Frage der NATO-Mitgliedschaft von zentraler Sicherheits-Bedeutung. Und in einer solchen Lage erlaubt es der Westen dem türkischen Präsidial-Diktator, die Sicherheit Europas zu gefährden? Es kann nicht sein, dass dieser Mann im Alleingang bestimmt, wie die europäische Sicherheitsstruktur auszusehen hat. Wenn sich die Regeln der internationalen Organisationen in Krisenzeiten als unbrauchbar erweisen, dann muss man sie ändern und zwar schnell. Die Türkei wird zu einem zusätzlichen Unsicherheitsfaktor für Europa und das kann man in Zeiten wie diesen nicht einfach achselzuckend hinnehmen. Es liegt nun an den NATO-Staaten schleunigst einen Weg zu finden, um Schweden und Finnland aufzunehmen. Ob das Herrn Erdogan nun passt oder nicht.

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