Erzdiözese Freiburg legt Zahlen offen

Die Erzdiözese Freiburg verfügt über rund eine Milliarde Euro an zumeist Bargeldbesitz.

Sie gaben der Transparenzoffensive der katholischen Kirche in Freiburg ein Gesicht (v.l.): Robert G. Eberle (Leiter der Stabsstelle Kommunikation), Dr. Annette Bernards (Präsidentin der Kirchensteuervertretung), Dr. Axel Mehlmann (Generalvikar) und Michael Himmelsbach (Diözesanökonom und Leiter der Finanzabteilung). Foto: Bicker

(AB) – Die Erzdiözese Freiburg verfügt über ein Barvermögen in Höhe von 955 Millionen Euro und Immobilien im Wert von 13 Millionen Euro. Der Haushalt für das laufende Jahr 2015 in Höhe von 562 Millionen Euro erhöht sich im kommenden Jahr 2016 um 68 auf 630 Millionen Euro. Rund 26 Millionen Euro erhält die katholische Kirche in Freiburg als “pauschale Staatsleistung”, während sie 150.000 Euro als sogenannter “Peterspfennig” an den Vatikan in Rom abführt.

Zahlen wie diese schwirrten am vergangenen Samstag durch das Margarete-Ruckmich-Haus in Freiburg – die katholische Kirche hatte zu einer lokalen Pressekonferenz im Rahmen ihrer bundesweiten “Transparenzoffensive” geladen. Tatsächlich scheint die katholische Kirche in Freiburg bemüht, ihre Zahlen offenzulegen und den 1,9 Millionen Gläubigen in 224 angeschlossenen Kirchengemeinden sowie allen anderen interessierten Zeitgenossen darzulegen, wie hoch ihr Besitz ist und wozu dieser verwendet wird.

Auffällig erscheint an den genannten Besitzverhältnissen der geringe Anteil an Immobilienvermögen, obwohl das Erzbistum Freiburg insgesamt unter anderem 2.050 Kirchen und Kapellen (darunter 1.290 vor dem Jahr 1900 erbaute) umfasst, für die jährlich 43 Millionen Euro zu Sanierung und Instandsetzung aufgebracht werden. Dies liege unter anderem, so die oben genannten Kirchensprecher, darin begründet, dass auch etliche der katholischen Kirche zugeschriebene Liegenschaften externen Unternehmungen gehörten. So sei zum Beispiel das Freiburger Münster als Pfarrkirche Eigentum des “Münsterkirchenfonds” und werde als solches von einem “für die Münsterpfarrei zuständigen Stiftungsrat” verwaltet.

Nun würde der Wert des Freiburger Münsters die Vermögensbilanz der Erzdiözese keinesfalls über die Milliardengrenze hüpfen lassen, da dieser mit nur zwei Euro gelistet sei – ein Euro für die Kathedrale selbst, ein weiterer für das Grundstück auf dem Freiburger Münsterplatz.  Diözesanökonom Michael Himmelsbach erläuterte die Details: “Wir bilanzieren diejenigen Immobilien, die wir ideell für die Erfüllung der kirchlichen Zwecke brauchen, und die wir nicht veräußern könnten, ohne diese Zweckerfüllung unmöglich zu machen, nur mit einem Erinnerungswert.”

Himmelsbach weiter: “Wenn wir eine Immobilie oder einen Vermögensgegenstand nicht verkaufen können, dann hat dieser auch keinen Verkehrswert. Von daher sind die Kirchen, Pfarrhäuser, das erzbischöfliche Ordinariat oder das Priesterseminar nur mit jeweils einem Euro bewertet. Nur dann, wenn wir uns zum Beispiel entschließen, ein Pfarrhaus zu verkaufen, dann wird dieses Pfarrhaus sofort neu bewertet und bekommt den Wert, den wir am Markt dafür erlösen könnten.”

Das heißt also, dass in vielen kirchlichen Gebäuden möglicherweise noch Werte schlummern, die in aktuellen Bilanzen gar nicht auftauchen. So bewertet laut analogen Veröffentlichungen aus dem Rheinland das Erzbistum Köln (Vermögen: 3,35 Milliarden Euro) den Kölner Dom mit 27 Euro, was einige Journalistenkollegen zu einer Umfrage anstachelte: “Würden Sie den Dom kaufen?”

Natürlich steckt in dieser Frage viel Wahnsinn, schließlich weiß auch der Freiburger Münsterbauverein nur zu gut, welche Unsummen der Erhalt einer wie selbstverständlich in ihrer traditionellen Nutzung verhafteten Kathedralkirche verschlingt. Und was erst würden ein Umbau in ein Flüchtlingsheim oder ein Abriss, so dies jemand wollte, kosten? Weitgehend sinnfreie Gedanken wie diese werden nun von der katholischen “Transparenzoffensive” befeuert, ebenso wie vielleicht neue Sichtweisen bei Gläubigen, die ihre Kirche womöglich ‘ärmer’ wähnten und nun bei ihren Kirchensteuerzahlungen oder Spenden kritischer abwägen. All dies nimmt die katholische Kirche in Kauf, muss sie in Kauf nehmen, und dafür gebührt ihr Respekt, auch wenn der Anlass zu dieser neuen Transparenz der insgesamt 27 deutschen Bistümer nur indirekt von Innen kam.

Im Herbst 2013 waren Finanzmauscheleien des ehemaligen Bischofs Franz-Peter Tebartz-van Elst in Limburg an die Öffentlichkeit gelangt und hatten diesen Vorwärtsschritt der katholischen Kirche in Deutschland ausgelöst, wenngleich der Freiburger Kirchenmann Michael Himmelsbach nun versichert: “So etwas wäre bei uns aufgrund damals schon greifender Kontrollinstanzen schlicht nicht möglich gewesen.”

In Freiburg ist es zudem so, dass der erzbischöfliche Stuhl mit 58,9 Millionen Euro Vermögen einen eigenen Haushalt außerhalb der Erzdiözese Freiburg bildet. Der Freiburger Erzbischof Stephan Burger unterliegt in seinem finanziellen Handeln dennoch eine strengen, kircheninternen Aufsicht. Zu einer für das kommenden Jahr geplanten Reise nach Peru werde er beispielhaft mit 500.000 Euro ausgestattet, die jedoch mehrheitlich nicht für Reisekosten aufgewendet würden, sondern vom Bischof vor Ort, reisebegleitend als Spenden an lokale Projekte ausgeschüttet würden.

Für die aktuelle Flüchtlingskrise am eigenen Standort stellt die Erziözese in Freiburg jeweils sechs Millionen Euro in den kommenden beiden Jahren bereit. Rund eine Million fließe in Flüchtlingsgebiete wie Jordanien und Nordsyrien, um dort Not zu lindern. Zudem wolle die katholische Kirche auch andere Bedürftige im Großraum Freiburg nicht vergessen; so sollen finanzschwache Menschen rund eine Million Euro als Miethilfen erhalten. Dr. Annette Bernards, Präsidentin der Freiburger Kirchensteuerverwaltung, brachte auf den Punkt, was Viele ahnen: ”Der Verteilungskampf aller Bedürftigen in Deutschland könnte zunehmen.”

Bliebe die Frage, was die Erzdiözese mit ihren 955 Millionen Euro an Barvermögen und den hieraus erwirtschafteten Finanzerträgen anstellt. Ein Großteil (715 Millionen Euro) diene als Rücklage für konjunkturschwächere Zeiten, so der Kirchenökonom Himmelsbach, schließlich sei zum beispiel die Zahl der Gläubigen zwischen 1995 und 2015 von 2,2 auf 1,9 Millionen geschwunden. Dies habe aber nicht nur mit Kirchenaustritten geschuldet, so Himmelsbach: “Allein schon aus demografischen Gründen gibt es mehr Beerdigungen als Taufen.”

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