Es gibt viel zu tun… packen wir’s an…

Deutschland übernimmt für sechs Monate den Vorsitz des Europarates

Vor dem Strassburger Hôtel de Ville wird die deutsche Fahne für die kommenden sechs Monate gehisst. Foto: (c) Council of Europe / European Union 2020

(Karl-Friedrich Bopp) – Am 16. November 2020 war es soweit. Deutschland übernahm von Griechenland im Rahmen eines Treffens per Videokonferenz – die Covid-19-Pandemie machte es notwendig – mit den Vertretern und Vertreterinnen der 47 Mitgliedstaaten der Organisation für sechs Monate den Vorsitz im Ministerkomitee des Europarates.

Als pan-europäische Organisation mit 47 Mitgliedstaaten hat der Europarat seinen Sitz in Strasbourg. Kein Politiker stellt Strasbourg als Sitz dieser Organisation in Frage oder will gar in eine andere Stadt umziehen. Noch besser, auch kein einziger Mitgliedstaat will diese Organisation verlassen. Zur Erinnerung, bei dem Europarat handelt es sich um eine eigenständige Organisation, die nicht mit der Europäischen Union verwechselt werden darf.

Für die kommenden sechs Monate hat Deutschland sich zum Ziel gesetzt, die folgenden drei Prioritäten in den Mittelpunkt zu stellen.

Als erstes sollen die Grundwerte des Europarates, nämlich Einhaltung der Menschenrechte, Förderung der Demokratie sowie der Rechtsstaatlichkeit gewahrt bleiben. Denn hier ist Handlungsbedarf. Manche Mitgliedstaaten, wie zum Beispiel Polen und Ungarn, benutzten die augenblickliche Covid-19-Virusgefahr, um individuelle Freiheiten im Übermaß einzuschränken.

Trotzdem – oder gerade deswegen – soll die Rolle des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte weiterentwickelt werden. Themen wie die nationale Umsetzung von Gerichtsurteilen oder aber die Interaktion des Gerichtshofes mit den nationalen Gerichten sollen aufgegriffen werden. Auch hier kann man Namen nennen. Die Türkei setzt kaum noch Gerichtsurteile um und Russland möchte in seiner Verfassung festlegen, dass nationale Gerichte das letzte Wort haben – eine Perversion der vereinbarten Regeln.

Als zweites sollen die juristischen Standards des Europarates den Herausforderungen der Zukunft angepasst werden. Da ist zum Beispiel die künstliche Intelligenz. Die Rolle des Europarates sollte es sein, dass auch der Menschenrechtsschutz im Zusammenhang mit dieser neuen Technologie gewährleistet bleibt. Auch das Recht auf eine saubere Umwelt sollte vom Europarat aufgegriffen werden.

Als drittes wird endlich an uns gedacht, die Bürger und Bürgerinnen Europas. Europa soll uns nähergebracht werden. Aber Schwerpunkte müssen gesetzt werden. Daher sollen besonders junge Menschen an den genannten Schwerpunktthemen beteiligt werden.

In seiner Rede erinnerte der deutsche Außenminister Heiko Maas an die Zeit vor 70 Jahren. Als Europa in Trümmern lag den Mut hervorzubringen und an eine Zukunft zu glauben, in der alle Europäer in Würde leben können, sei mit Sicherheit nicht leicht gewesen. Heiko Maas dankte den Männern und Frauen, die von dieser europäischen Versöhnung träumten und diesen Traum Realität werden ließen – er trägt den Namen Europarat mit Sitz in Strasbourg.

Heiko Maas erinnerte aber auch daran, dass auch heute noch Kriege auf europäischem Boden stattfinden. Er verwies auf den jüngsten Krieg zwischen Armenien und Aserbeidschan oder aber an die ungelösten Konflikte in Georgien und Moldau. Auch die völkerrechtswidrige Krimannexion durch Russland aus dem Jahre 2014 ließ Außenminister Maas nicht unerwähnt.

Wie war das nochmal mit dem Grundsatz, dass Mitglied des Europarates nur werden und bleiben darf, der im friedlichen Miteinander mit seinen Nachbarn lebt?

Der deutsche Vorsitz des Europarates wird im Mai 2021 mit den Feiern zum 70. Jahrestag des Beitritts der Bundesrepublik Deutschland enden bevor er an Ungarn übergeben wird. Na, dann an die Arbeit. Es gibt viel zu tun für den deutschen Vorsitz!

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