Es kriselt in Frankreichs Regierung

Zwischen Präsident François Hollande und seinem Premierminister Manuel Valls läuft es nicht so richtig. Der ehrgeizige Valls will nicht für Hollandes schlechte Bilanz den Kopf hinhalten.

Manuel Valls führt inzwischen seine eigene Politik, wie hier in München (lks. Medvedev, rech. Valls). Foto: premier.gov.ru / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Man merkt, dass sich in Frankreich alle in die Startlöcher für die Präsidentschaftswahlen 2017 begeben. Denn eigentlich ist 2017 „nur“ der Höhepunkt dieser Wahlen, der Wahlkampf hat schon längst begonnen. Verschiedene Kandidaten ernennen sich zu Kandidaten, müssen aber verschiedene Auswahlverfahren wie parteiinterne Vorwahlen durchlaufen. In dieser Zeit finden in Frankreich die intensivsten politischen Debatten statt. Und da sich nun die gesamte konservative Opposition aller Couleur personell vorbereitet, folgt die Regierungspartei PS. Wo man merkt, dass zwischen François Hollande und Premierminister Manuel Valls nicht alles stimmt. Und dafür gibt es Gründe.

Die Bilanz des Präsidenten François Hollande fällt mager aus. Angetreten, die Arbeitslosigkeit spürbar zu senken, hat er es gerade erst geschafft, den Anstieg der Arbeitslosigkeit etwas zu bremsen, was regierungsnahe Experten zu Jubelstürmen und regierungskritische Experten zu Schulterzucken animiert. Am Erfolg in der Arbeitsmarktpolitik wollte er gemessen werden und so wird es wahrscheinlich auch kommen. Auch die Finanzmärkte legte er nicht an die Leine, wie er es am Wahlabend versprochen hatte. Die ebenso versprochene Schließung Fessenheims fand ebenso wenig statt wie eine ernst zu nehmende Energiewende, COP21 hin, alle Aufrufe zum Stromsparen her. Stattdessen setze François Hollande auf gesellschaftliche Debatten wie die um die Homosexuellenehe, er boxte eine Gebietsreform durch, die sicher gut gemeint ist, aber im Vorfeld einen Dialog mit der Bevölkerung und einen Prozess der Bürgerbeteiligung erfordert hätte. Glänzen konnte Hollande eigentlich nur in extremen Krisensituationen, wie nach den Anschlägen auf „Charlie Hebdo“ und den Attentaten von Paris, als er sich tatsächlich staatsmännisch zeigen konnte. Und diese insgesamt sehr maue Bilanz ist genau das Problem von Premierminister Manuel Valls.

Denn Manuel Valls ist für politische Verhältnisse jung und vor allem sehr ehrgeizig. Im Gegensatz zu anderen Mitgliedern der Regierung hat er den größten Teil seiner Karriere noch vor sich und möchte sich daher nicht gerne die Misserfolge von François Hollande ans Revers heften lassen, vor allem nicht, wenn Hollande mit dem „richtigen“ Start der Kampagne 2017 einen Sündenbock braucht, dem er die fünf Jahre seine Mandats in die Schuhe schieben kann. Manuel Valls wird alles daran setzen, genau dies zu vermeiden. Und er arbeitet vor: Kein anderes Mitglied der Regierung setzt sich derart häufig und kontrovers in Szene wie Manuel Valls. Wie beispielsweise bei der Sicherheitskonferenz in München, als er seinem Präsidenten in die Parade fuhr, der sich gerade mit Angela Merkel auf ein gemeinsames Vorgehen für eine europäische Lösung der Flüchtlingsfrage verständigt hatte.

In Frankreich wird inzwischen offen geflüstert, dass Manuel Valls seinen Rücktritt vorbereitet, dass er so frühzeitig die Regierung verlassen will, dass er eben nicht derjenige werden kann, an dem die Verantwortung für die Misserfolge der aktuellen Regierung kleben bleibt. Und das wäre aus seiner Sicht zwar verständlich, für Frankreich aber alles andere als gut.

In einer Situation, in der derart viele Krisen nach Lösungen rufen, brauchen Europa und die Welt alles, aber keine europäischen Schlüsselstaaten, die von Wahlkämpfen politisch gelähmt sind. Das gilt für Deutschland übrigens ebenso wie für Frankreich. Doch genau darauf könnte es hinauslaufen, wenn sich Valls und Hollande nun eine „Echternacher Springprozession“ liefern – der eine „hü“ und der andere „hott“ sagt und sich am Ende nichts bewegt.

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