Es war vor 40 Jahren…

Am 5. März 1981, vor exakt 40 Jahren, räumte ein Sondereinsatzkommando (SEK) der Polizei das alternative Jugend- und Kulturzentrum „Schwarzwaldhof“ in Freiburg.

Vor 40 Jahren räumte das SEK den Schwarzwaldhof. Seitdem ist alles anders in Freiburg... Foto: Marlies Decker / Landesarchiv Baden-Württemberg / Staatsarchiv Freiburg / W 140 Nr 08636 CC-BY

(KL) – Es gibt Momente im Leben einer Stadt, die sind historisch. Häufig merkt man in diesen Situationen noch gar nicht die ganze Tragweite der Ereignisse und so ein Ereignis fand in den frühen Morgenstunden des 5. März 1981 in Freiburg statt. Mit 4000 militärisch ausgerüsteten SEK-Polizisten wurde nicht nur der besetzte „Schwarzwaldhof“ geräumt, sondern auch eine zweiwöchige Belagerung Freiburgs begonnen, deren Auswirkungen bis heute die Schwarzwald-Metropole prägen.

1981 war ein Jahr der Jugendrevolte und zwar nicht nur in Freiburg, sondern in ganz Europa. Dabei gehörte das beschauliche Freiburg zu den „Hot Spots“ dieser Jugendbewegung, zusammen mit Berlin, Amsterdam, Zürich und anderen Städten. Die Generation der Nachkriegskinder lehnte sich gegen die durchorganisierte Welt ihrer Eltern auf, suchte nach alternativen Lebensformen und –Wegen und der Einsatz der Staatsmacht, die mit völlig überzogener Härte gegen die Freiburger Jugend vorging, erzeugte genau das Gegenteil dessen, was der damalige Ministerpräsident Lothar Späth mit seiner Zero-Tolerance-Politik eigentlich beabsichtigt hatte.

Nach der Räumung des Schwarzwaldhofs am frühen Morgen des 5. März 1981 begannen zwei verrückte Wochen, in denen täglich zwei große Demonstrationen mit bis zu 20.000 Teilnehmern (bei rund 200.000 Einwohnern!) in Freiburg stattfanden und sich eine Bewegung bildete, die von weiten Teilen der Bevölkerung mitgetragen wurde. Die damals angewendete Polizeigewalt konnte diese Bewegung nicht stoppen, sondern beförderte diese Entwicklung sogar.

In den 40 Jahren, die diesem denkwürdigen Morgen des 5. März 1981 folgten, drückten die Akteure dieser Jugendbewegung der Stadt Freiburg ihren Stempel auf. Etliche der Protagonisten bekleiden heute noch Ämter im Stadtrat, wie der Kulturpolitiker Atai Keller, und es ist kein Zufall, dass Freiburg die erste Großstadt Deutschlands wurde, die einen grünen Bürgermeister wählte. Dieter Salomon, der zwei Amtszeiten lang die Geschicke Freiburgs leitete, war übrigens damals auch regelmäßiger Gast in der Punk-Kneipe „Crash“ im Schwarzwaldhof – und das „Crash“ sollte die kommenden Jahrzehnte überstehen, auch, wenn diese Uralt-Einrichtung mehrfach umziehen musste.

Die Geschehnisse rund um den Schwarzwaldhof und die 40 Jahre seitdem sind der beste Beweis dafür, dass bürgerschaftliches Engagement durchaus Erfolge zeitigen kann. Die Jugendbewegung von 1981 hat Freiburg, Deutschland und Europa nachhaltig verändert, alternative Denk- und Lebensweisen etabliert und ohne diese Jugendbewegung gäbe es heute in Freiburg nicht das Öko-Quartier „Vauban“, wäre Freiburg nicht die Solar-Hauptstadt der Welt und überhaupt, alles sähe ganz anders aus.

40 Jahre, Tag für Tag. Heute darf man ein Gläschen Champagner auf diese 40 Jahre und diese Jugendbewegung von 1981 heben. Denn dieser Rückblick macht Mut – denn auch heute gibt es wieder engagierte Jugendliche, wie beispielsweise bei „Fridays for Future“, die nicht länger tatenlos zusehen wollen, wie ihre Elterngeneration die Welt zerstört. Wenn die heutigen Jugendbewegungen ähnliche Prozesse auslösen können wie das, was in Freiburg seit 1981 passiert ist, dann dürfen wir weiter darauf hoffen, dass sich eines Tages die Dinge zum Besseren wenden. In diesem Sinne: Prost, Schwarzwaldhof!

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