Europa am Katzentisch
Es trift nun genau das ein, was die Europäer und die Ukraine nicht wollten – das Ende des Ukraine-Kriegs wird zwischen den USA und Russland entschieden.

(KL) – Die europäische Politik hat offensichtlich Schwierigkeiten, sich auf die Geschwindigkeit des „Trumpismus“ einzustellen. Während Donald Trump mit Wladimir Putin bespricht, wie es weitergeht, befinden sich die Europäer genau dort, wo sie sich drei Jahre lang hinmanövriert haben, indem sie sich weigerten, eine eigene Strategie und Zielsetzung für diesen Krieg zu definieren. Doch nun wird deutlich, dass es nicht ausreichte, einfach nur der Selenskyi-Propaganda hinterher zu stolpern, ohne sich in irgendeiner Form für das Ende dieses Kriegs zu engagieren. Da mag Verteidigungsminister Boris Pistorius anmahnen, dass Europa bei Verhandlungen „nicht am Katzentisch sitzen“ dürfe und sein Wunsch dürfte sogar in Erfüllung gehen – denn Europa wird an überhaupt keinem Verhandlungstisch sitzen, wenn Trump und Putin (und im Hintergrund Xi Jinping) entscheiden werden, wie der Krieg in der Ukraine enden wird. Klar ist nur – es wird teuer für die Ukraine werden. Und für Europa auch.
Europäische Politiker sind ein ganz gemütliches Tempo gewohnt, doch das reicht angesichts des Trumpismus, der sich in atemberaubender Geschwindigkeit ausbreitet, nicht mehr aus. Dass in dieser Situation Bundeskanzler Scholz kurz vor der Wahl nichts Besseres findet, als die seit Jahren abgedroschen Phrasen eines „gerechten Friedens“, eines „Friedens, der nicht über die Köpfe der Ukrainer entschieden werden darf“ und von „amerikanischen Sicherheitsgarantien“ zu wiederholen, dürfte zwar Selenskyi Freude machen, aber keinerlei Wirkung haben. Die Zeiten, in denen der Westen sein Handeln an den abendlichen Propaganda-Videos des ukrainischen Präsidenten ausgerichtet hat, sind vorbei. Je schneller man das im Westen und in Kiew begreift, desto besser.
In den drei Jahren des Kriegs hat Europa eine geradezu jämmerliche Rolle im Ukraine-Krieg gespielt. Zwar wurde Selenskyi (fast) jeder Wunsch erfüllt, doch gab es keinerlei ernstzunehmende diplomatische Initiative Europas, diesen Krieg zu beenden. Stattdessen installierte sich eine Art Politiker-Tourismus in Kiew, wo sich fast alle europäischen Politiker mit ukrainischen Politikern in Uniform ablichten ließen, dabei häufig selbst ukrainische Uniform-Teile tragend, damit es auch echt wirkt, und ansonsten beschränkte man sich darauf, Milliarden locker zu machen, eine „Kriegswirtschaft“ auszurufen und an das zu glauben, was Selenskyi allabendlich in seinen Videos erzählte.
Doch das ist jetzt vorbei. Der Frieden, den Trump und Putin aushandeln werden, wird die Ukraine die bereits heute von den Russen besetzten Regionen kosten, die Ukraine wird nicht Mitglied der NATO werden und in Brüssel sollte man sich gut überlegen, ob man die Ukraine tatsächlich in der EU aufnehmen will. Die USA werden keine Soldaten in die Ukraine entsenden, um „Sicherheits-Puffer“ einzurichten, das wird den Europäern obliegen, von denen Selenskyi keine Sicherheits-Garantien akzeptieren will. Und auch Selenskyis Wunsch, „aus der Position der Stärke“ mit Russland zu verhandeln, ist Traumtänzerei – etwas Besseres als den Frieden, den Trump mit Putin aushandeln wird, kann die Ukraine nicht mehr bekommen. Die Alternative hierzu wäre, dass sich die Ukraine komplett von Russland auslöschen lässt.
Europa hatte drei Jahre Zeit, in diesem Konflikt Profil zu zeigen. Doch das ist nicht passiert. Europas Politiker zeigten sich erstaunlich kriegsgeil, die Begriffe „Frieden“ und „Verhandlungen“ wurden zu Schimpfwörtern und die europäischen Regierungen führten eine Scheckbuch-Politik, ohne dass man dabei merkte, dass die pharaonischen Milliardenbeträge, die in der Ukraine versickerten, keinerlei Wirkung an der Front zeigten. Dort brechen gerade die ukrainischen Verteidigungslinien zusammen und die vollmundigen Siegesparolen des ukrainischen Präsidenten stellten sich als Täuschung des Westens heraus, wobei Selenskyi immer wieder versuchte, den Westen in eine weitere Eskalation des Kriegs zu treiben, was zum Glück nicht funktionierte.
Und so wird sich Europa mit der Rolle des Zuschauers begnügen müssen, wenn die Mächtigen der Welt entscheiden, wie der Ukraine-Krieg enden wird. Bei diesen Gesprächen ist für die Europäer nicht einmal ein Katzentisch vorgesehen, Europa wird hier schlicht und ergreifend keine Rolle spielen. Das hätten die Europäer drei Jahre lang anders haben können, doch aus unerfindlichen Gründen haben es die Europäer nicht für nötig erachtet, eine europäische Position zu diesem Krieg zu entwickeln. Und jetzt ist es zu spät dafür.
Bleibt zu hoffen, dass Selenskyi diesen letzten Strohhalm ergreift und selbst das wird ihn teuer zu stehen kommen. Der Frieden wird die Ukraine vier Regionen und die Krim kosten, dazu die gesamte Produktion an Seltenen Erden, die sich die Amerikaner unter den Nagel reißen werden. Europa wird dann die teure und undankbare Rolle zugeteilt werden, eine militärische Pufferzone einzurichten und jahrelang zu pflegen, den Wiederaufbau der Ukraine zu finanzieren und ansonsten brav das zu tun, was Donald Trump dekretiert. Die Zeitenwende hat begonnen und wird nicht darauf warten, dass eines Tages auch europäische Politiker begreifen, dass sich die Welt bereits heute stark verändert hat. Mit den Sieges- und Durchhalteparolen der letzten Jahre wird man nichts mehr verändern. Und Europa versinkt noch ein wenig mehr in der selbst gewählten politischen Bedeutungslosigkeit.
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