Europa-Departement Elsass – der Stress beginnt

Kaum liegt der Plan für eine Fusion der beiden elsässischen Departements auf dem Tisch, geht auch schon der Stress los. Die Region „Grand Est“ is not amused ob des elsässischen Sonderwegs.

Weniger ist manchmal mehr - in Lothringen und der Champagne-Ardenne ist man von der elsässischen Identitätskrise inzwischen genervt. Foto: Paralacre / Wikimedia Commons / CC0 1.0

(KL) – Damit hatte man rechnen müssen. Die anderen Regionen, die gemeinsam mit dem Elsass die Region Grand Est bilden, also Lothringen und die Champagne-Ardenne, haben sich bei der gestrigen Sitzung des Regionalrats zu Wort gemeldet und dabei deutlich gemacht, dass ihnen der elsässische Sonderweg überhaupt nicht passt. Der Weg hin zum geplanten „Europa-Departement Elsass“ scheint noch sehr, sehr weit zu sein…

In der Plenarsitzung des Regionalrats wurde die Frage gestellt, wie es sein könne, dass der Präsident des Regionalrats, der Elsässer Jean Rottner, in Paris die Vereinbarung zur Gründung des neuen elsässischen Parlaments habe unterschreiben können.

So kritisierte der aus Lothringen stammende PS-Abgeordnete Christophe Choserot, dass es „weder Abstimmung noch Debatte gegeben hat“ und unterstrich dann den Knackpunkt dieser neuen ostfranzösischen Großregion: „Meine Gruppe verspürt kein Verlangen nach mehr Elsass, sondern nach einer starken Region Grand Est“. Dass sich die Menschen in Lothringen und der Champagne-Ardenne vom Elsass als „Regionalpartner zweiter Klasse“ betrachtet und behandelt fühlen, ist nachvollziehbar. Und für die Betroffenen richtig ärgerlich.

So sehr man sich am Oberrhein freut, dass hier künftig das Herz der grenzüberschreitenden und europäischen Zusammenarbeit schlagen soll, ist eine Sache. Eine andere ist, dass Lothringen und die Champagne-Ardenne zwei Regionen sind, die ebenfalls auf Jahrzehnte einer erfolgreichen Zusammenarbeit mit den Nachbarn zurückblicken – mit Deutschland, aber eben auch mit Belgien und Luxemburg und hier fühlt man sich durch die Pariser Pläne zurückgesetzt. Was bedeutet es für die Zusammenarbeit mit Belgien und Luxemburg, wenn sich jetzt die gesamte Aufmerksamkeit nur noch auf die Zusammenarbeit mit Deutschland beschränkt?

Jean Rottner versuchte in der Sitzung die Gemüter zu beruhigen, indem er unterstrich, dass die Region keinerlei Kompetenzen oder Budgets aufgeben würde und dass es sich um Dinge handele, die im Grunde die Region Grand Est kaum betreffen. Aber das tun sie eben doch. Lothringen und die Champagne-Ardenne haben die Befürchtung, die Region Grand Est würde scheibchenweise verhökert, um es dem Elsass Recht zu machen. In der Tat sind es vor allem die Elsässer, die durch die Gebietsreform in eine schwere Identitätskrise gestürzt wurden, die man vielerorts nur dadurch zu lindern glaubt, dass das Elsass so autonom wie irgend möglich wird. Anderswo, beispielsweise in Lothringen und der Champagne-Ardenne, hat man weniger Sorge, dass eine verwaltungstechnische Gebietsreform gleich eine ganze regionale Identität dem Aussterben preisgeben kann. In Metz, Reims oder Nancy interessiert man sich vor allem dafür, wie diese neue Region Grand Est möglichst erfolgreich arbeiten kann. Dass künftig die Bergamotte aus Nancy nicht „Bergamotte aus dem Grand Est“, der Champagner nicht „Schaumwein aus dem Grand Est“ und das elsässische Sauerkraut nicht „Sauerkraut aus dem Grand Est“ heißen wird, ist doch klar.

Nur glaubt niemand Rottners Aussage, dass eine Fusion im Elsass kaum Auswirkungen auf die Region haben wird, weder im Elsass, noch in Lothringen und der Champagne-Ardenne. Doch hat bei der Fusion der beiden elsässischen Departements der Staat die Federführung und dem dürften die Befindlichkeiten in Lothringen und der Champagne-Ardenne und auch des Regionalrats des Grand Est relativ egal sein. In Paris will man jetzt vor allem eines, nämlich dass der ständige Ärger im und ums Elsass ein Ende findet. Und es wird an der Region Grand Est selbst liegen, wie alle drei Regionen in die künftigen Entwicklungen einbezogen werden. Der Elsässer Jean Rottner hat die Aufgabe dafür zu sorgen, dass das Elsass nicht alle Themen besetzt und die anderen überfährt. Eine Aufgabe, um die ihn niemand beneidet.

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