Europa igelt sich ein
Die EU verschärft die Asylregeln. Während einige der Regelungen gut sind, ist der Geist dieser Regeln klar – „Kommt nicht. Wir wollen euch hier nicht.“

(KL) – Irgendwann lohnt es sich die Frage zu stellen, warum Menschen ihre Heimat verlassen und sich auf die lebensgefährliche Reise ins Ungewisse machen. Kriege, Bürgerkriege, Hungersnöte, Naturkatastrophen – es gibt viele Gründe für die Flucht. Doch einen groβen Teil der Migrationsbewegungen hat Europa selbst zu verantworten und das schon seit mehreren Jahrhunderten.
Unter der technokratischen Bezeichnung „GEAS“ (Gemeinsames Europäisches Asylsystem) versuchen die EU-Staaten wieder einmal eine Regelung zu treffen, mit der die EU als Ganzes versucht, die Flüchtlingsthematik zu managen. Und hinter dieser technokratischen Bezeichnung verbirgt sich die Ansage für Flüchtlinge, dass es ab jetzt deutlich härter für sie werden wird.
So will die EU die „illegale Immigration“ stoppen, wobei das Problem ist, dass trotz jahrelanger Debatten praktisch keine Möglichkeiten zur „legalen Immigration“ existieren. Seit Jahren redet man davon, in Nordafrika und anderswo Stellen einzurichten, in denen Flüchtlinge eine Art „Vorantrag“ stellen können, um denjenigen, die Chancen auf Asyl haben, eine sichere Einreise in die EU zu ermöglichen. Nur – es wird lediglich geredet, aber nicht gehandelt.
Nach der neuen Regelung sollen Flüchtlinge in Lager gesperrt werden, bis über ihren Asylantrag entschieden wurde. Wird der Antrag abgelehnt, wird die entsprechende Person sofort wieder abgeschoben. Geschlossene Lager für Flüchtlinge?! Das Verfahren soll dann maximal 12 Wochen dauern, danach erhält die betreffende Person entweder ein Bleiberecht oder wird abgeschoben.
Die Abschiebung erfolgt in die Herkunftsländer, wobei die EU entscheidet, was ein „sicheres Herkunftsland“ ist und was nicht. Das können Beamte in Brüssel natürlich auch viel besser entscheiden als die Menschen, die vor Unsäglichem flüchten mussten.
Was in Europa auch niemand hören will, sind die Fluchtgründe, Ausnahme Ukraine. Während wir gerne alle Ukrainer aufnehmen, vergessen wir, dass die Menschen, die aus anderen Ländern kommen, vor Systemen und Realitäten flüchten, die wir mit geschaffen haben. Sei es, dass Europa in Afrika durch den Kolonialismus extreme Armut geschaffen hat (auf einem der reichsten Kontinente), sei es, dass Europa diktatorische Systeme aus Eigeninteressen unterstützt, unter denen die Menschen nicht mehr sicher leben können. Hierfür gibt es zahllose Beispiele. Doch die Fluchtbewegungen, die wir selber mit ausgelöst haben, werden uns nun doch zu viel. Unter dem Druck der immer stärker werdenden neonationalistischen Bewegungen, die in den aktuellen Krisen immer mehr Zulauf haben, wird eben jetzt hart gegen Flüchtlinge durchgegriffen.
Doch sollten wir mit der Verschärfung unseres Kampfes gegen Flüchtlinge etwas vorsichtiger sein. Kommen heute die Flüchtlinge aus Afrika und dem Mittleren Osten, so können morgen schon neue Fluchtwellen durch den Klimawandel ausgelöst werden. Wenn die Niederlande, von denen zwei Drittel unterhalb des Meeresspiegels liegen, durch den Anstieg der Meeresspiegel unter Wasser stehen, werden wir dann den Millionen flüchtenden Niederländern sagen, dass wir eben nicht alles Elend der Welt tragen können? Kommen die Niederländer dann auch ins Abschiebelager?
Bekämpfen sollte man nicht die Flüchtlinge, sondern die Fluchtgründe. Und die Diktatoren, die vielen Menschen den Verbleib in ihrem eigenen Land unmöglich machen. Aber das machen wir nicht, denn so lange man mit Diktatoren Geschäfte machen kann, bleiben sie auch unsere Freunde. Da ist es dann doch einfacher, wehrlose Flüchtlinge zu bekämpfen.
Immerhin – es gibt doch etwas Positives. Künftig sollen Länder, die sich weigern, selbst Flüchtlinge aufzunehmen (alle Blicke wenden sich nach Ungarn und Polen), massive Strafzahlungen leisten, was deshalb gut praktiziert werden kann, weil man diese Strafen einfach von den anderweitigen Subventionen für diese Länder abziehen kann. Die Flüchtlingsfrage wird das allerdings auch nicht lösen.
Die Geschichte der Menschheit ist brutal und lehrt, dass sich das Rad immer dreht. Eines Tages wird auch die EU die Rechnung für ein insgesamt unzureichendes Management der Flüchtlingsströme präsentiert bekommen. Zu einem Zeitpunkt, an dem wir Hilfe brauchen werden. Hoffentlich benimmt sich dann der Rest der Welt nicht so wie wir heute…
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