Europa ist leider zu beschäftigt

Angesichts des Kriegs, den der türkische Diktator Recep Tayyip Erdogan in den kurdisch kontrollierten Gebieten Nord-Syriens anzettelt, schließt Europa lieber die Augen.

Die Stadt Afrin in Nord-Syrien wird gerade von türkischen Truppen angegriffen. Europa schweigt. Foto: Mouradi / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Die europäische Spitzenpolitik ist „besorgt“ angesichts der Bodenoffensive der Türkei in Nord-Syrien. Doch mit solchen blutleeren Floskeln wird man den türkischen Diktator kaum davon abhalten können, seinen Krieg gegen die Kurden weiterzuführen. Dass die Kurden die zuverlässigsten Kämpfer gegen den so genannten „Islamischen Staat“ waren und sind, interessiert Erdogan wenig – immerhin hat sein Clan nie dementiert, blendende Geschäfte mit dem „IS“ zu machen. Und Europa? Europa rüstet den Diktator aus – in erster Linie Deutschland.

Die Offensive auf die Stadt Afrin (Erdogan: „Afrin wird abgeschlossen“) erfolgt mit gutem, deutschen Kriegsgerät, in erster Linie dem Panzer „Leopard 2 A4“, den Deutschland in hoher Stückzahl an die Türkei geliefert hat. Doch wird immer deutlicher, dass die deutsche und die europäische Politik gegenüber der Türkei von Erdogan kläglich versagen.

Seit Monaten drücken sich die Verantwortlichen der europäischen Politik vor einer klaren Position gegenüber der Türkei. Nach wie vor sitzen Tausende in den türkischen Gefängnissen, nach wie vor sind Journalisten, Künstler, Intellektuelle inhaftiert, nach wie vor werden Minderheiten verfolgt und nach wie vor ist das Verhältnis Erdogans gegenüber der arabischen Welt und auch gegenüber terroristischen Organisationen alles andere als klar. Und dennoch schließen die europäischen Politiker die Augen.

Die inzwischen angeschlagen durch die politische Landschaft taumelnde Angela Merkel hat bislang ganz auf Kommentare zum Thema „Krieg der Türkei in Syrien“ verzichtet und dass Außenminister Sigmar Gabriel nur mal grade seine „Besorgnis“ ausgedrückt hat, spricht Bände. Wenn es darum geht deutsche Rüstungsexporte zu ermöglichen, dann ist es auch dem deutschen Außenminister egal, dass wieder deutsche Waffen töten. Der ekelhafte Deal „kurdische Menschenleben gegen Arbeitsplätze in Deutschland“ wird von allen Parteien der Großen Koalition getragen – was ein Grund mehr wäre, deren zweite Auflage abzulehnen.

Und Europa? Wo bleibt die europäische Stimme? Wo bleibt die Aufkündigung des höchst zynischen „Flüchtlingsabkommens“ mit der Türkei? Wo bleiben die Sanktionen gegen ein Regime, das dem Nordkoreas immer ähnlicher wird? Wo bleiben die diplomatischen Maßnahmen?

Europa macht das, was es immer tut. Es wartet ab, dass sich die Probleme von selber lösen oder dass jemand anderes eingreift. Doch wer? Die USA? Russland? China? Und da niemand eingreift, tragen alle zusammen die Verantwortung dafür, dass Erdogan in Seelenruhe seinen Völkermord an den Kurden weiterführen kann. Hauptsache, bei uns werden Arbeitsplätze gesichert. Und dann wundert man sich noch, dass niemand mehr dieser durch und durch korrupten Politik folgt?

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