Europa und der Schwarzwälder Schinken

Wann ist ein Schwarzwälder Schinken wirklich ein Schwarzwälder Schinken?

Schwarzwälder Schinken kann praktisch überall herkommen... Foto: Jeremy Keith from Brighton & Hove, United Kingdom / Wikimedia Commons / CC-BY 2.0

(Karl-Friedrich Bopp) – Als wir noch problemlos in den Schwarzwald fuhren, um dort spazieren zu gehen oder einzukehren, durfte bei der Rückfahrt ins heimische Elsass insbesondere ein Produkt nicht fehlen, ein gutes Stück Schwarzwälder Schinken.

Ganz selbstverständlich gingen wir dabei davon aus, dass der Schwarzwälder Schinken von den regional gezüchteten Schweinen stammte und nach traditioneller Art im Schwarzwald hergestellt wurde. Hier kommt allerdings die erste Überraschung. Das Schweinefleisch, das als Ausgangsmaterial benutzt wird, muss nicht aus dem Schwarzwald stammen.

Einigkeit herrscht allerdings darüber, dass die traditionelle Herstellung entscheidend ist und diese auch im Schwarzwald stattfinden muss. In der Regel dauert das Verfahren drei Monate, um den Schinken mit seinem weltbekannten einzigartigen Aroma herzustellen.

Das notwendige Fleisch kommt von der Hinterkeule des Schweins. Danach wird mit Salz und anderen Gewürzen fünf Wochen gepökelt, bevor getrocknet und geräuchert wird. Der letzte Herstellungsschritt ist entscheidend für das bekannte Aroma. Bis zu zwei Wochen wird ausschließlich mit heimischem Tannenholz im sogenannten Kaltrauch geräuchert.

Soweit, so gut. Jetzt ist ein seit Jahren schwelender Rechtsstreit zu Ende gegangen, zu der Frage, ob Schinkenteile bzw. Schinkenschnitte, die außerhalb des Schwarzwaldes geschnitten und verpackt werden, noch Schwarzwälder Schinken genannt werden dürfen.

Der Rechtsstreit begann bereits 2005, ausgelöst durch ein verändertes Kundenverhalten. Kunden kauften immer mehr Schinken in Scheiben. Der Schutzverband der Schwarzwälder Schinkenhersteller wollte daher die bestehenden Regeln verschärfen und das gewerbliche Aufschneiden und Verpacken nur im Schwarzwald erlauben.

Diese Absicht ging dem Schweizer Hersteller Bell Food Group zu weit. Ein Rechtsstreit wurde ausgelöst, der sogar bis zum Europäischen Gerichtshof in Luxemburg getragen wurde. Die europäischen Richter entschieden weise und stellten 2018 fest, dass solch ein Beschränkung gerechtfertigt sei, wenn sie „ein erforderliches und verhältnismäßiges Mittel darstellt, um die Qualität des Erzeugnisses zu wahren oder dessen Ursprung oder die Kontrolle der Spezifikation für die geschützte geografische Angabe zu gewährleisten“. Die europäischen Richter, in vollkommener Unkenntnis des Schwarzwälder Aromas, wollten lieber deutschen Gerichten die Abklärung überlassen, ob diese Beschränkungen auf den Schwarzwälder Schinken zuträfen.

Der Bundesgerichtshof hat nach 13 Jahren jetzt in letzter Instanz entschieden. Am 16. Februar 2021 wurde der Beschluss veröffentlicht, dass Schwarzwälder Schinken nicht im Schwarzwald geschnitten und verpackt werden muss. Das Gericht wollte nicht einsehen, dass nur im Schwarzwald gewährleistet werden kann, dass Scheiben Schwarzwälder Schinkens maximal 1,3 Millimeter dick sind.

Da bleibt nur noch die Hoffnung, dass uns zum Räuchern der Wald und noch mehr unser angeschlagenes Klima wenigstens die Schwarzwälder Tanne noch lange erhalten lässt, sonst ist das juristische Aus des Schwarzwälder Schinkens eine Frage der Zeit.

1 Kommentar zu Europa und der Schwarzwälder Schinken

  1. Sehr gut geschrieben!

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