Europa von seiner ganz hässlichen Seite
Das Flüchtlingsdrama zwischen der Türkei und Griechenland entwickelt sich zu einer riesigen humanitären Krise. Und deutsche Politiker zeigen, wer sie wirklich sind.
(KL) – Europa wird gerade vom türkischen Präsidial-Diktator Erdogan am Nasenring durch die Manege geführt. Die völlig überforderten Griechen lassen sich zu Menschenrechtsverletzungen hinreißen, griechische Faschisten greifen Hilfsorganisationen und Journalisten an und die deutsche Politik, in panischer Angst, es könnten weitere Flüchtlinge kommen, zeigt ihr wahres Gesicht. Und selbstverständlich will sie weiterhin die Türkei stützen, ein Land, das in Syrien einen Angriffskrieg führt, ein mehr als unklares Verhältnis zum „Islamischen Staat“ hat und seltsamerweise Truppen in Libyen stehen hat. Statt die Türkei international zu ächten und mit Sanktionen zu belegen, haben deutsche Politiker eine richtig tolle Idee – wir geben Erdogan einfach mehr Geld.
Friedrich Merz, der Blackrock-Kapitalist, der armen Menschen für eine bessere Altersversorgung den Kauf von Aktien empfiehlt, fand deutliche Worte: „Wir können sie nicht aufnehmen!“. Aber verrecken können wir sie lassen, diese Flüchtlinge, die aus Kriegsgebieten fliehen, in die unsere saubere deutsche Rüstungsindustrie Waffen geliefert hat (ja, ja, über Umwege und nicht direkt und niemand versteht, wie diese deutschen Waffen in ein Kriegsgebiet gelangen…). „Das Boot ist voll“, dekretieren konservative Politiker, die stolz auf das „C“ in ihrem Parteinamen sind, aber den Weg christlicher Werte längst verlassen haben.
Auch Angela Merkel, die ihre einzig emotionale und menschliche Entscheidung ihrer politischen Karriere 2015 teuer bezahlen musste, spielt nun öffentlich mit dem Gedanken an Grenzschließungen. Sich einzuigeln und unsolidarisch zu sein ist eben einfacher, als die EU dazu zu verdonnern, endlich die Beschlüsse umzusetzen und sich nicht weiter dem Diktat der Visegrad-Staaten zu unterwerfen. Aber à propos unterwerfen – die Devotion vor dem türkischen Präsidial-Diktator ist parteiübergreifend. Auch Heiko Maas, SPD-Außenminister, würde Erdogan gerne mehr Geld geben.
Jetzt wäre eigentlich der richtige Zeitpunkt gekommen, das unsäglich zynische Flüchtlingsabkommen mit der Türkei aufzukündigen (das immerhin 6 Milliarden Euro gekostet hat, verbunden mit dem frommen Wunsch, Erdogan möge dieses Geld doch für eine gute Betreuung der syrischen Flüchtlinge ausgeben und im Rahmen des unglaublichen Deals, dass die EU einen nicht ordnungsgemäß registrierten Syrer gegen einen Syrer mit vernünftigen Papieren tauscht. Aber wenn es um Partnerschaften mit Warlords und Kriegsverbrechern geht, hat die EU keinerlei Bedenken – Hauptsache, die Flüchtlinge verrecken unterwegs und klauen uns keine Scheibe Kalbslyoner von unserem Frühstücksbrötchen.
Was die Türkei gerade in Syrien und an der Grenze zu Griechenland abzieht, ist kriminell. Dass sich die europäische Politik diesem Menschenrechtsverletzer unterwirft und ihn weiter mit Mitteln ausstatten will, dass er seine Untaten weiter finanzieren kann, ist jämmerlich. Langsam fragt man sich, wie es die EU immer wieder schafft, auf der falschen Seite zu stehen. Nicht Erdogan hat Unterstützung verdient, sondern die Menschen, die durch seine Kriege und unsere Waffen ihre Lebensgrundlage verloren haben. Was, bitteschön, ist daran so schwer zu verstehen?
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