Europäische Friedensbemühungen in Zentraleuropa

François Hollande und Angela Merkel haben eine bemerkenswerte Friedensinitiative in Kiew und Moskau absolviert. So richtig viel erreicht haben sie dabei leider nicht.

Kein Lächeln, nicht einmal ein Händedruck für die Photographen - Europa erreicht Putin nicht mehr. Foto: (c) Présidence de la République / P. Segrette

(KL) – Dass der französische Präsident François Hollande und Angela Merkel eine kurzfristige Friedensinitiative in Kiew und Moskau absolviert haben, um alles zu versuchen, den Krieg in der Ostukraine zu beenden, bevor er sich zum zentraleuropäischen Flächenbrand entwickelt, verdient Anerkennung und Respekt. Allerdings zeigt diese deutsch-französische Initiative auch, dass es eine gemeinsame europäische Außenpolitik gar nicht gibt. Die neue „europäische Außenministerin“ Federica Mogherini ist genauso diskret wie ihre farblose Vorgängerin Catherine Ashton.

Allerdings machen es die Großmächte dem deutsch-französischen Gespann nicht gerade einfach. Besonders Barack Obamas Ankündigung von Waffenlieferungen an die Regierung in Kiew, die er dann kurzfristig wieder auf Eis legte, sorgte für eine erneute Eskalation des Konflikts – der sich immer mehr zu einem Ost-West-Konflikt ausweitet.

Als Ergebnis der fünfstündigen Gespräche in Moskau, die in eisiger Atmosphäre stattfanden, haben Holland und Merkel lediglich ein Zeichen setzen können. Es wurde vereinbart, dass das Waffenstellstandsabkommen von Minsk noch einmal überarbeitet werden soll. Ein Abkommen also, dass bisher weder von Moskau, noch von Kiew eingehalten wurde. Hierzu soll auch noch eine Telefonkonferenz zwischen Merkel, Hollande, Putin und Poroschenko stattfinden. Kurz – es wurde nichts erreicht. Dieses „Ergebnis“ ist lediglich ein Zugeständnis von Putin an seine deutsch-französischen Besucher, damit diese ihr Gesicht verlieren. An der Situation in der Ostukraine ändert es erst einmal nichts.

Dabei hatten Merkel und Hollande einen zuvor mit dem ukrainischen Präsidenten Poroschenko abgestimmten Vorschlag dabei, der letztlich das Eingeständnis war, dass sich militärische Gewalt lohnt. Denn der Vorschlag sah vor, dass die Ukraine den prorussischen Separatisten das ganze bereits eroberte Gebiet abtritt, was zwar mit der Bezeichnung „weitreichende Autonomie“ hübsch verpackt war, gleichzeitig aber die Anerkennung des Status Quo darstellte. Ein Vorschlag, der Putin offenbar langweilte. Warum sollte er auch darüber verhandeln, ob er das behalten darf, was er bereits erobert hat?

Nach der Annektierung der Krim muss die Ukraine erneut auf Teile ihres Staatsgebiets verzichten, um eine Ausweitung des Kriegs mit Russland zu verhindern. Das durch eine Anerkennung dieser Eroberungen ausgesandte Signal ist verheerend und quasi eine Einladung an Russland, seine Gebietsansprüche auch in anderen ehemaligen Sowjetrepubliken mit Waffengewalt umzusetzen.

Auf der anderen Seite – was soll Europa machen? Alle Friedensappelle haben nichts genutzt, die Wirtschaftsanktionen treffen gleichermaßen die russische wie die westliche Wirtschaft und treiben Russland weiter in Richtung des BRICS-Konstrukts – bei dem China die wirtschaftliche Führung, Russland aber die politische Führung übernehmen wird. Gleichzeitig haben diese Sanktionen in Russland ihre Wirkung verfehlt und die politische Kommunikation der russischen Regierung, mit der dem russischen Volks suggeriert wird, Russland müsse sich erneut gegen den Faschismus verteidigen, hat voll gegriffen. Putin sitzt in Russland fester im Sattel als je zuvor. Die kleine Opposition in Russland, die es noch gibt, muss sich gegen den Vorwurf des „Vaterlandsverrats“ zur Wehr setzen und ist in ihren Möglichkeiten bis zur Lähmung eingeschränkt.

Die deutsch-französische Initiative, so gut gemeint sie auch war, erinnert stark an 1938, als der britische Premier Chamberlain nach der Annektierung der Tschechoslowakei durch Nazideutschland mit der Versicherung nach Hause kam, dass wenn man Hitler das gerade annektierte Land überließe, dieser seine weiteren Kriegsvorbereitungen stoppen würde. Wie das ausging, weiß man. Faktisch haben Hollande und Merkel, im Bemühen weiteres Blutvergießen zu stoppen, ihr Plazet zur Zerschlagung der Ukraine gegeben. Und im Gegenzug haben sie nichts erhalten. Weder eine Garantie für einen Waffenstillstand und Frieden in der Ostukraine, noch eine Garantie, dass Russland seine militärischen Fühler nicht in die anderen Länder ausstreckt, wo es meint, aus UdSSR-Zeiten noch Gebietsansprüche zu haben. Putins Aggressionspolitik erweist sich als voller Erfolg.

Einmal mehr hat die Waffengewalt über das Völkerrecht triumphiert und gleichzeitig hat die EU ihre völlige Hilflosigkeit und Uneinigkeit auf internationalem Parkett demonstriert. Dennoch ist der Versuch von François Hollande und Angela Merkel positiv zu bewerten – sie haben versucht, für Europa zu agieren, während sich die politischen Spitzen der EU nur gegenseitig ratlos anschauen. Doch was für die deutsch-französischen Beziehungen und damit für die EU ein zartes, positives Signal ist, ist gleichzeitig die Kapitulation Europas vor der Waffengewalt Russlands. Und keine Lösung für die Ukraine. Denn das, was nun in der Ukraine und anderswo passieren wird, liegt einzig und allein daran, worauf Putin Lust hat. Dieser hat aber seine Ziele eindeutig formuliert – er will die ehemalige UdSSR wieder unter dem Namen Russland aufleben lassen und dafür fehlen ihm noch einige ehemalige Sowjetrepubliken. Wer oder was sollte ihn daran hindern, sich diese ebenfalls mit Waffengewalt zu holen?

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