Europäisches Wunschdenken

Donald Trump stellt gerade die Welt auf den Kopf. Und trotz aller gegenteiligen Beteuerungen ist Europa auf das, was gerade passiert, nicht im Geringsten vorbereitet.

Dieses Schild ist reines Wunschdenken - Europa ist auf den Trumpismus überhaupt nicht vorbereitet. Foto: Miguel Discart / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 2.0

(KL) – Europa wird gerade auf der Überholspur von Donald Trump überholt – und die Europäische Union sieht von den Amerikanern nur noch die Rücklichter. Auch, wenn fast alle Dekrete und ersten Maßnahmen von Präsident Trump unausgegoren bis lächerlich sind, schafft er es dennoch, Europa komplett aus dem internationalen Rennen zu nehmen. Die großen Linien der Weltpolitik werden ab sofort zwischen Donald Trump und Chinas Xi Jinping festgelegt und selbst Putins Russland ist nur noch eine Variable in der Konfrontation zwischen China und den USA, doch all das scheint man in Brüssel, Paris und Berlin nicht zu begreifen. Europa ist nicht im Geringsten auf die von Trump losgelösten politischen Erdbeben vorbereitet und wird zum Zuschauer des eigenen Absturzes in die politische Bedeutungslosigkeit.

Seltsam, fast alle europäischen Führer haben in den letzten Wochen erklärt, dass man sehr gut auf den Regierungswechsel in Washington vorbereitet sei und sich auf eine tolle Zusammenarbeit mit Trump und seiner Regierung freut. Doch niemand ist vorbereitet auf das, was gerade passiert und angesichts der Unfähigkeit der europäischen Institutionen, Entwicklungen vorherzusehen und zu analysieren, ist der europäische Absturz noch nicht einmal unverdient. Eine Kontinental-Verwaltung, die nicht einmal in der Lage ist, die Entwicklung rund um die BRICS-Staaten richtig zu bewerten, braucht eigentlich kein Mensch – was einmal mehr den Bedarf unterstreicht, die korrupten und ineffizienten europäischen Institutionen von Grund auf zu reformieren. Nur, mit Spitzenpersonal, das sich an seinen Privilegien und den Status Quo festklammert, werden Reformen nicht einmal angegangen – bis Europa auch noch von der 2. in die 3. Liga der Nationen und Kontinente abgestiegen sein wird.

Anders, als es das Artikelbild suggeriert, ist Europa überhaupt nicht vereint gegen Trump. Während die einen inzwischen offen pro-russisch eingestellt sind, von Ungarn über die Slowakei bis nach Österreich, haben die anderen entweder keine Meinung oder aber fahren einen hilflosen internationalen Zick-Zack-Kurs, ob es nun um die Ukraine oder Gaza geht. Europa ist unter der Führung von Ursula von der Leyen zu einem zahnlosen Tiger verkommen, der kein Gewicht mehr auf der internationalen Bühne hat.

Die USA steigen aus dem Pariser Klima-Abkommen aus, sie verlassen die Weltgesundheits-Organisation, sie schaffen die Entwicklungshilfe ab, sie fordern von den Europäern, dass diese ihre Militärausgaben ins Unendliche steigern; sie belegen alle, die ihnen nicht passen, mit Strafzöllen und mischen sich weltweit in bestehende Konflikte ein, wobei sie bereit sind, auch neue Konflikte zu schaffen. Hauptsache „Make America great again“.

Und Europa? Wie immer behaupten die europäischen Spitzenpolitiker, sie hätten alles im Griff, dabei haben sie seit Jahren überhaupt nichts mehr im Griff. Europa bröckelt langsam auseinander, ist unfähig, notwendige Reformen einzuleiten, hat keine eigenen Strategien und Visionen mehr und wird langsam, aber sicher, überflüssig. Sehr zur Freude von Donald Trump, der sich künftig nur mit Xi Jinping zusammenraufen muss, was durchaus gelingen kann.

Diese Veränderungen, die Donald Trump in unglaublicher Geschwindigkeit vornimmt, sind der Start in ein neues Zeitalter, auf das in Europa niemand eingestellt ist, auch, wenn unsere Politiker das Gegenteil behaupten. Europa ist keinesfalls auf diesen neuen Trumpismus vorbereitet, Europa hängt weiterhin dem Gedanken nach, dass die USA unsere „großen Brüder“ sind, die schon alles richten werden. Europa verpasst gerade die historische Notwendigkeit, sich als starke Einheit zwischen den USA und dem BRICS-Block zu positionieren. Doch wer nicht agiert, sondern nur reagiert und das oft auch falsch, hat keine Chance, politisches Gewicht zu gewinnen. Die Europäische Union befindet sich auf einer schiefen Ebene, unter der Leitung unfähiger Administratoren, die nicht in der Lage sind, schnell und richtig zu handeln. Der Trumpismus ist eine riesige Gefahr für ein Europa, das ohnehin gerade zwischen Ost und West zerrieben wird. Wenn man jetzt nicht aufpasst, wird die EU hinfällig werden und ist in ihrer Existenz stärker gefährdet als je zuvor.

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