Europawahl 2019 – Ganz schön kompliziert

Im Mai findet die so wichtige Europawahl statt. Aber eigentlich finden parallel 27 ganz unterschiedliche Wahlen statt. Und die schauen wir uns etwas genauer an.

Ende Mai finden parallel 27 Europawahlen statt - an denen man unbedingt teilnehmen sollte! Foto: Zairon / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – In den Römischen Verträgen (die 1957 unterzeichnet wurden) legten die Mitgliedsstaaten fest, dass man künftig Europawahlen nach einem einheitlichen Modus organisieren will. 62 Jahre später haben es ganze Generationen von Europapolitikern nicht geschafft, den Wahlmodus in allen EU-Mitgliedsstaaten zu harmonisieren, was zur Folge hat, dass Ende Mai nicht eine, sondern 27 Europawahlen stattfinden, die zum Teil ganz unterschiedlichen Regeln folgen. Und die werden wir nun etwas genauer anschauen.

Doch bevor wir uns die Unterschiede in den 27 Europawahlen anschauen, werfen wir zunächst einen Blick auf die Gemeinsamkeiten. Die Grundregeln sind einfach: Dort, wo gewählt wird, handelt es sich um eine allgemeine Direktwahl, an der alle Wahlberechtigten teilnehmen können. Die Wahl hat nach den Regeln des proportionalen Wahlrechts zu erfolgen, bei der alle teilnehmenden Parteien den Wählerinnen und Wählern Kandidatenlisten vorschlagen. Dabei kommen vier Wahlmethoden zum Einsatz: Die nominelle Direktwahl, die Wahl fester Listen, das Panaschieren der Stimmen über mehrere Listen und die Einzelstimme. Kompliziert? Ja…

Zu den in allen Mitgliedsstaaten gültigen Grundregeln gehört auch, dass es sich um erneuerbare Mandate für jeweils 5 Jahre handelt, und dass Europaabgeordnete nicht gleichzeitig in nationalen Parlamenten sitzen dürfen.

Doch nach den Gemeinsamkeiten kommen die Ungleichheiten und die sind überraschend. So gibt es keine durchgängige Prozenthürde für die Europawahl. So gibt es in Deutschland (aber auch Spanien und anderen Ländern) seit der letzten Europawahl 2014 überhaupt keine Hürde mehr, was auch erklärt, warum in der nun endenden Legislaturperiode mehrere Abgeordnete von deutschen Parteien saßen, die zwischen 0,5 und 0,7 % der Stimmen geholt hatten. In anderen Ländern gibt es die 5%-Hürde (z. B. Frankreich), in anderen Ländern ist die Hürde bei 4 % (Italien) – die Voraussetzungen, einen (oder mehrere) Sitz(e) im Europaparlament zu erobern, sind also je nach Land recht unterschiedlich.

Ebenso unterschiedlich ist die Frage der Wahlkreise. In einigen Ländern wird die Wahl direkt auf nationaler Ebene organisiert (was vielerorts kritisiert wird, denn hier besteht die Gefahr, dass die Europawahl vor allem für nationale Themen „missbraucht“ wird, anstatt dass die Europaabgeordneten in regionalen Wahlkreisen den Menschen das europäische Thema näherbringen), in anderen Ländern gibt es Wahlkreise, in denen die Kandidaten natürlich enger mit den Menschen kommunizieren.

Erstaunlich ist, dass die Wahllisten erst Anfang Mai definitiv eingereicht werden müssen. Warum die Kandidatinnen und Kandidaten (und damit logischerweise auch deren Europa-Programme) erst knapp drei Wochen vor der Wahl bekannt gegeben werden müssen, ist unklar. Und für alle diejenigen, die diese Wahl wirklich ernst nehmen, ist diese knappe Frist eine echte Herausforderung. Angesichts der Tatsache, dass sich in verschiedenen Ländern eine fast unüberschaubare Anzahl Listen präsentieren will (alleine die „Gelbwesten“ in Frankreich wollen vier Listen ins Rennen schicken), ist die Zeit, in der die Wählerinnen und Wähler tatsächlich Programme lesen können, extrem kurz.

Die Unterschiede in den Wahlabläufen sind keine gute Sache und es kommt nicht von ungefähr, dass die europäischen Gründerväter schon vor 62 Jahren anregten, eine allgemeine Wahl nach exakt gleichen Spielregeln durchzuführen. Somit findet Ende Mai nicht DIE Europawahl statt, sondern 27 Europawahlen mit teilweise ganz unterschiedlichen Inhalten und Themen.

Natürlich ändert dies nichts daran, dass die Europawahl die einzig demokratische Wahl einer europäischen Institution ist, doch auch für diese Wahl gilt – der Ablauf könnte weiter verbessert werden. Und wer möchte, dass Europa tatsächlich reformiert und menschlicher, solidarischer und sozialer gestaltet wird, der muss Ende Mai wählen gehen. So einfach ist das.

Unter DIESEM LINK finden Sie eine interaktive Karte, aus der Sie alle Besonderheiten und Informationen für die Europawahl 2019 finden – Land für Land!

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